Bayern - Schweiz/Österreich - Italien

  • Liebe Freunde,


    heute darf ich einen Brief aus Kissingen vom 29.8.1874 zeigen, der gerichtet war an "Madame la Comtesse Vassda Potocka à Gènes poste restante". Zu dem polnischen Adelsgeschlecht derer zu Potocka habe ich etwas gefunden, aber eine Vassda ist mir im Netz nicht untergekommen, für Hilfe bin ich also dankbar.


    Der Brief wurde mit 9 Kr. frankiert, die allein Bayern zustanden (bei kostenlosem Transit durch die Schweiz oder Österreich, was ich hier nicht sicher sagen kann, aber stark auf Österreich tippe). Der PV stammte vom 1.11.1873 und der einfache Brief wie hier durfte 15g wiegen. Auch bei italienischen Portobriefen hätte Bayern das Gesamtporto allein vereinnahmen dürfen, wie umgekehrt ital. Frankobriefe und bayerische Portobriefe dazu führten, dass Italien allein das Franko bzw. Porto bezog.


    Weil er poste restante gestellt war, sollte er 3 Monate in Genua zur Verfügung der Gräfin bleiben. Diese musste jedoch schon vorher umdisponiert haben, sonst wäre nach dem Eingang in Genua am 31.8.1874 (kommend per Bahnpost Ala - Verona oder umgekehrt, denn er sollte eher von Verona nach Ala gelaufen sein) nicht schon der Ankunftsstempel von Spezia (heute: La Spezia) vom 2.9.1874 auf dem Brief. Vermutlich hatte sie bei der Post in Genua schriftlich hinterlassen, dass ihre Post nach Spezia weiter zu leiten war, auch für poste restante gestellte Poststücke.


    Ich bin sehr froh, diesen Brief zeigen zu können, weil poste restante ins Ausland mit Transit schon per se nicht häufig ist - und dann noch weitergeleitet zu werden macht den Brief sicher nicht schlechter.


    Für Katalogfetischisten: Frau Brettl hat die Marke als 28Y geprüft, was immer mir das auch sagen soll.

  • Hallo bayern klassisch,


    da er von Ala nach Verona gelaufen ist, dürfte er mit der Schweiz nichts zu tun gehabt haben.


    Der Brief wurde mit 9 Kr. frankiert, die allein Bayern zustanden (bei kostenlosem Transit durch die Schweiz oder Österreich, was ich hier nicht sicher sagen kann, aber stark auf Österreich tippe). Der PV stammte vom 1.11.1873


    1. Galten die 9x auch für den Weg über die Schweiz?
    2. oder galt über die Schweiz noch der PV von 1868 und nur über Österreich die 9x von 1873?


    Lt. Zangerle eher die 2.Variante, aber vielleicht interpretiere ich es auch falsch...


    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,


    eher über Österreich. Aber Italienfreund erzählte hier mal, dass es von Italien auch über die CH nach Bayern ging und man das nur an den Stempeln auf italienischer Seite nachvollziehen könnte (wenn ich es noch recht erinnere).


    Aber mit via Österreich kann ich bestens leben - danke für die Erhärtung dieser Laufwegsannahme.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,
    sie hieß Vanda /Wanda.
    Es gab mehrere...
    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

  • Hallo Adriana,


    vielen Dank für den Link - wenn ich davon 5% lesen könnte, wäre ich morgen beim Jauch der Topp - Kandidat. :D


    Leider hat der Brief keinen Inhalt, noch zeigt er einen Absender. Da poste restante geschickt, wird der Zielort Genua bzw. La Spezia auch nicht ihr Wohnort gewesen sein; einfach ist anders.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    der Brief lief eindeutig über Österreich. Die grenzüberschreitende Bahnpost Ala - Verona bzw. in Gegenrichtung fungierte als Austauschpostamt für Briefe über den Brenner.


    Hallo Christian,


    Dr. Zangerle hat recht, über die Schweiz galt noch der Postvertrag mit den deutschen Staaten von 1868 bzw. mit Italien von 1861. Der Weg war deutlich teurer und langsamer.


    Beste Grüße
    Jürgen

  • Lieber Jürgen,


    vielen Dank für die plausible Erklärung. Jetzt müsste ich nur noch einen aus Bayern mit dem Vermerk "Via die Svizzera" finden ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Sammlerfreunde,


    heute geht es mit 25 Kreuzer frankiert nach Italien.
    Der Brief muss erst noch etwas hergerichtet werden, ich will ihn euch aber nicht vorenthalten.


    Augsburg - Bologna vom 18.6.1875, Ankunft bereits am 20.6.


    Nach dem Vertrag ab. 1.11.1873 waren für je 15g Gewicht 9 xr erforderlich. Hier also 18 xr für die 2. Gewichtsstufe.
    Für die Chargé-Gebühr waren weitere 7 xr fällig.


    Für die zwei EINGESCHRIEBEN-Kastenstempel mit einmal gestrichener Nummer habe ich leider noch keine Erklärung gefunden.


    Gruß
    bayernjäger

  • ... vermutlich hatte man den Brief bereits abgegeben (Marken verklebt, Recostempel abgeschlagen, Schein gezogen, Kunde wieder nach Hause), als dieser kurze Zeit später wieder mit seinem Postschein zurück kam und etwas dem Brief hinzu fügen wollte. Alter Postschein abgeben, Brief zurück erhalten, öffnen und neu eintüten, neu siegeln, der Post wieder aufgeben, jetzt mit späterer Reco-Nummer, neuer Postschein zu ziehen und ab damit nach Hause.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • ... ja, die Alternative wäre gewesen, ihm ein Telegramm nachzuschicken, wenn er schon weg gewesen wäre und ihn dann von dort (Österreich) wieder der Aufgabepost zurück zu schicken.


    Das kenne ich aber nur ein einziges Mal - da ist ein reklamirter Brief schon nicht sooo häufig.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo zusammen,


    eine Bayern Mi-Nr. 19 als Einzelfrankatur hat man ja nun auch nicht alle Tage. Anbei aber war deren Verwendung zielführend, da man einen Brief der 2. Gewichtsstufe von Landau i.d.Pfalz nach Rom zur Aufgabe brachte.


    Adressat war Ritter Theodor von Mehlem, dessen Adresse der Absender wohl nicht so ganz "auf dem Schirm" hatte und unter dem Namen vermerkte: eventuell nachzufragen bei der k.(öniglich) bayer(ischen) Gesandschaft. Dort wußte man wohl Bescheid und veranlasste die Weiterleitung nach Frascati ca. 21 km südöstlich von Rom. Vermerkt ist dann dazu noch unten links alla ??? Villa.


    Was bisher im www gefunden werden konnte, ist ein Franz Xaver Mehlem, welcher als Legations-Secretär der königlich-bayerischen Gesandschaft in Rom schon am 28.12.1822 zum Ehrenritter des Bayerischen Hauses ernannt worden ist:


    https://books.google.de/books?…7TAVAQ6AEIYjAP#v=onepage&
    q=Franz%20Mehlem%20Rom&f=false


    In einer weiteren Quelle aus dem Jahre 1824 findet man einen Franz Joseph Mehlem, ebenfalls Legations-Secretär der königlich-bayerischen Gesandschaft in Rom:


    https://books.google.de/books?…nz%20Mehlem%20Rom&f=false


    Laut wikipedia hat dann im Jahre 1866 ein Franz Mehlem in Frascati die Villa Lancelotti erworben, welche dann jedoch schon 1866 wieder weiter veräußert worden sein soll:


    https://en.wikipedia.org/wiki/Villa_Lancellotti


    https://www.tripadvisor.de/Att…ovince_of_Rome_Lazio.html


    Möglicherweise ließ man die Vorbesitzer dort aber weiter wohnen, aber der Vermerk auf dem Brief unten links passt da evtl. nicht. Den Adressaten Ritter Theodor von Mehlem als "päpstlicher Hauptmann" und Empfänger Verdienstmedaille und silberne Erinnerungsmedaille "Pro Petri Sede" (1861) findet man hier (ganz unten):


    https://www.archivportal-d.de/…isThumbnailFiltered=false


    Leider kann ich mir nichts unter einem "päpstlichen Hauptmann" vorstellen - mea culpa. Nach der letzten Quelle zu Folge sieht es aber so aus, als ob das Adelsgeschlecht der von Mehlem über lange Zeit sehr intensiv mit der Vermittlung / Vertretung der unterschiedlichsten bayerischen Interessen im Vatikan beschäftigt waren.


    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    die Villa kann ich leider auch nicht bestimmen.


    Zum Hauptmann (wenn es einer war): Vlt. war er Hauptmann der Schweizer Garde im Vatikan? Ob es da Listen gibt, wer damals gedient hatte?

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Pälzer,


    ich weiß, ich weiß (vor ein paar Hundert Jahren gab es selbst so einen Fall in meiner Familie ...), aber vlt. hat man mal eine Ausnahme gemacht?


    Ansonsten wüsste ich nicht, warum ein bayer. Militär dauerhaft in oder um Rom sich aufhalten sollte. Bayern hatte doch kein Militär im früheren Kirchenstaat und damaligen Kgr. Italien (das hätten die auch gar nicht geduldet). Sonderbar ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo VorphilaBayern,


    wieder mal ein Beweis dafür, dass hier im Forum nichts lange ungelöst herumeiert. Klasse google-Leistung, die mir jetzt die Beleg-Beschreibung perfekt abrundet.


    Ein geschmettertes Dankeschön + Gruss!


    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis