Transitbriefe vor 1800 nach Deutschland

  • Hallo,


    ich zeige hier 2 Briefe aus Genua nach Wangen im Allgäu an den selben Empfänger.
    Auf der jeweiligen Rückseite befindet sich kein Zahlungsvermerk für ein Teilfranko bis Mailand. Das Gesamtporto beträgt bei beiden Briefen 16 Kr., obwohl sie vermutlich verschiedene Laufwege haben.
    Der 1. Brief wurde am 8. Mai 1773 geschrieben. Ich gehe davon aus, dass er in Mailand der Fischerpost übergeben wurde. In Mailand wurde der Transitstempel MILAN F abgeschlagen. Für Briefe die über Mailand liefen, bezahlte Fischer 9 Sols je Unze. Von Mailand bis Bern wurden 8 Kr. taxiert. Nachdem Fischer alle Deutschland-Briefe nach Schaffhausen spedierte, kamen bis dorthin 4 Kr. hinzu = 12 Kr. Mit dem Reichspostkurs Schaffhausen - Lindau kam der Brief schließlich nach Wangen, wofür abermals 4 Kr. anfielen. Dies führte zum Gesamtporto von 16 Kr.
    Der 2. Brief wurde 1784 geschrieben. Naheliegend wäre, dass der Brief mit dem Lindauer Boten ab Mailand befördert wurde. Nachdem jedoch die Leitwegangabe Chur gestrichen und zudem der St. Galler Durchgangsstempel abgeschlagen wurde, kann der Brief meiner Meinung nach nicht mit dem Lindauer Boten befördert worden sein.
    1769 wurde ein Vertrag zwischen Zürich und der österreichischen Postverwaltung in Mailand abgeschlossen. Ich gehe davon aus, dass der Brief auf der Grundlage dieses Vertrages befördert wurde. Zürich belastete 8 Kr. für Briefe aus Mailand, die von weiter her als Mailand kamen. Von Zürich lief der Brief nach St. Gallen, hierfür forderte Zürich 4 Kr. = 12 Kr. St. Gallen lieferte an Lindau für 2 Kr. = 14 Kr. und Lindau forderte für die Reichspost 2 Kr. bis Wangen = 16 Kr.
    Für andere Meinungen oder Korrekturen bis ich dankbar.


    Grüsse von liball

  • Guten Tag Karl,
    vielleicht hilft es dir zur weiteren Überlegungen..


    1733 gab es zwei Routen - Mailand/Lindau
    1, Fußacher Boten wahr es Verboten für Lindau zum arbeiten, man darf sagen als Postboten in Auftrag der Österreichischen Reichspost eingestellt, führen sie die alte Mailänder Route.
    (Stadtarchiv Lindau/ K und K Postverwalter Franz Martini, K und K Postkontrolleur Carl Huber – Ordnung und Verfassung der Fußacher Botenfahrt von Lindau nach Mailand und wieder zurück.)
    Post Route 1773:
    Lindau, Fußach, Feldkirch, Vaduz, Balzers, Oberzollbrücke Zizers, dann weiter über Splügen nach Mailand.


    2, Lindau durch sein Privileg eigene Boten zum stellen welche in die Lombardei schickt, stellt neue Boten an, Lindauer Bürger. Also keine Habsburgische Untertanen, und aufbaut neue Route welche das Habsburgische Territorium umgehen sollte. Warum es so geschah - Ab 8.4. 1771 sollten alle Briefe und Wahren an Lindauer Post geliefert werden welche sie dann nach Bregenz spendierte, so die Mitteilung an Kaufleuten aus 5.4. 1771 von Reichspostamt Lindau. Am 6.4. haben die schon zusage von Schweiz, Beförderung durch Rheineck. Briefe würden in Altstätten an Mailänder Boten übergeben.
    Neue Lindauer/Mailänder Boten Route:
    Oberried, Altstätten, Werdenberg, Sargans, Ragaz, Pfäffers, Oberzollbrücke Zizers, Chur, dann über Splügenpaß nach Chiavenna, Como bis Mailand.



    1.1.1774 neue Boten Ordnung, Verhandlungen seit 16.9.1773 zwischen Wiener Hofkammer, Lindauer und Mailänder Handelskammer/ Hofkammerarchiv Wien.
    Wegen große Finanzziele Verluste und Klagen würde die Beförderung durch Mailänder Boten wieder hergestellt und zwar man kehrt zur alte Route. Aber aus Mailand kommende Briefe mussten die in Feldkirch abgeben.


    LG A

    "Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben."
    W. v Humboldt

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Liball


    Ich kann nicht viel weiterbringende Info geben.


    Wie ich es sehe war der Brief irgendwo falsch taxiert geworden. Denke dass Strich über Chur, Strich über 14 und die 16 vom selben Hand und Penn geschrieben war.
    Die gültige Taxierung waren bei beiden Briefe die gleiche 4 + 8 + 4


    War der Brief jemals in Chur? War ein Fehler in St. Gallen entdeckt?


    Viele grüsse
    Nils

    Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis grösser als in der Theorie.

  • Hallo,


    es kann durchaus sein, dass es die selbe Tinte war, die 14 und Chur gestrichen und 16 angeschrieben hat. Dies könnte in Lindau geschehen sein, wo das fremde Porto von 14 Kr. gestrichen und das Gesamtporto von 16 Kr. angeschrieben wurde. Da der Brief nicht aus Chur kam, könnte in Lindau auch Chur gestrichen worden sein. Der genaue Laufweg wird sich wohl nie genau ermitteln lassen.
    Ich habe noch einen Brief vom 9.12.1790 aus Augsburg angehängt, der mit dem Lindauer Boten befördert wurde.
    In Augsburg hat die Reichspost 8 Kr. bis Lindau kassiert. In Lindau wurde der Brief an den Lindauer Boten übergeben. Dieser beanspruchte bis Chur 6 Kr. Dann rechnete er jedoch falsch in 7 Bluzger um. Richtig gewesen wären 9 Bluzger.
    Der Engadiner Bote bezahlte in Chur 7 Bluzger für den Brief und beförderte ihn auf der Route über den Albulapass nach Zutz. Der hierfür anfallende Botenlohn wurde nicht auf dem Brief vermerkt.


    Grüsse von liball