von und nach Russland nach dem Postvertrag vom 24.12.1821

  • Hallo,

    dieser Porto-Chargebrief vom 8.1.1833 aus Heilbronn nach St. Petersburg weist eine nicht alltägliche bayerische Taxierung auf.
    Der Brief hatte ein Gewicht über 1 Loth. In Württemberg lag er daher in der 3. Gewichtsstufe und wurde demzufolge mit 8 Kr. belastet.
    In Hof wurde komischerweise 2/4 in blau taxiert. Dies können meines Erachtens nur Gutegroschen sein. Das württembergische Porto mit
    2 Ggr. (= 8 Kr.) sowie der eigene Transit mit 4 Ggr. (= 16 Kr.).
    Dieses fremde Porto wurde von Preußen in 7 1/2 Sgr. reduziert.
    Wie Preußen jedoch auf eine Forderung gegenüber Russland von 95 Pr.Gr. kommt, ist mir nicht klar. Hiernach müsste Preußen seinen Transit mit 23,5 Sgr. angesetzt haben.
    Auf 23,5 Sgr. komme ich nur, wenn ich zum Transit von 11 Sgr. x 2 = 22 Sgr. ein Immersatter Grenzporto von 1,5 Sgr. hinzu rechne. Dieses Grenzporto lag jedoch nur bei 1,5 Pr.Gr. je Loth.
    In Russland wurden die 95 Pr. Gr. in 570 Kop. Ass. umgerechnet zzgl. Inlandsporto von 99 Kop. Ass. (66x 1,5) = 669 Kop. Ass.
    Vielleicht kann ein Forumsmitglied etwas zu diesem interessanten Brief beitragen.

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Hallo liball,

    gerade erste gesehen.

    Wie Preußen jedoch auf eine Forderung gegenüber Russland von 95 Pr.Gr. kommt, ist mir nicht klar. Hiernach müsste Preußen seinen Transit mit 23,5 Sgr. angesetzt haben.
    Auf 23,5 Sgr. komme ich nur, wenn ich zum Transit von 11 Sgr. x 2 = 22 Sgr. ein Immersatter Grenzporto von 1,5 Sgr. hinzu rechne. Dieses Grenzporto lag jedoch nur bei 1,5 Pr.Gr. je Loth.
    In Russland wurden die 95 Pr. Gr. in 570 Kop. Ass. umgerechnet zzgl. Inlandsporto von 99 Kop. Ass. (66x 1,5) = 669 Kop. Ass.
    Vielleicht kann ein Forumsmitglied etwas zu diesem interessanten Brief beitragen.

    Der Brief lief im Januar 1833 noch über Memel.
    Laut Regulativ über die Preußische Porto-Taxe, Berlin 1832 kostete ein einfacher Brief nach Petersburg über Memel 11 1/2 Sgr.
    Bei einem Brief der 2. Gewichtsstufe kommt man dann auf 23 Sgr., dies entspricht 92 Pr. Gr.
    Mit 3 Pr. Gr. Grenzporto (ebenfalls 2. Gewichtsstufe) ergeben sich 95 Pr. gr.

    Dann fehlt allerdings die Auslage von Hof ...
    Recommandierte Briefe konnten damals aber meines Wissens nicht porto versandt werden. Die Angabe "frei Heilbronn" kann daher eigentlich nicht stimmen. Der Brief hätte eigentlich mindestens bis zur russischen Grenze frankiert werden müssen. Laut o.g. Taxhandbuch sollte bei Franko-Versand sogar bis zum Bestimmungsort frankiert werden.
    Insofern habe ich keine schlüssige Erklärung für diesen Brief.

    Viele Grüße
    Michael

    Edit: fehlenden Absatz hinzugefügt

  • Hallo Michael,

    vielen Dank für die Anmerkungen.
    Leider liegt mir dieses Regulativ nicht vor. Ist es jedoch nicht so, dass der preußische Transit bei 11 1/2 Sgr. lag. Nachdem es sich um einen Portobrief handelt, musste Preußen aber schon 7 1/2 Sgr. an Bayern vergüten und dieses fremde Porto war ja bereits die 2. Gewichtsstufe.

    Grüsse von liball

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Portobrief aus dem Jahr 1828 von Leipzig nach Helsingfors.

    Der Brief ist offensichtlich mit der doppelten Portotaxe belegt, so dass er nach dem russisch-preuß. Postvertrag 1,5 - 2 Loth gewogen haben muss - oder versiegelte Einlagen enthielt!
    An sächsischem resp. Grenz-Porto wurden umgerechnet 1 1/4 Sgr. angesetzt. Diese ergaben ......... 4 pr. Gr.
    Für Eilenburg (preuß. Grenzpostamt zu Sachsen) - Memel galten ..........................................37 1/2 pr. Gr.
    ergibt in Summe ................................................................................................. 41 1/2 pr. Gr.
    bei doppelter Portotaxe ergeben sich die rückseitig notierten ............................................. 83 pr. Gr.

    Diese 83 preußischen Groschen entsprachen ................................................................498 Kop. Ass. (nicht notiert)
    Dazu kam die doppelte Taxe von 66 Kop. Ass. für die Strecke Polangen - St. Petersburg ..............132 Kop. Ass.
    ergibt die notierten ............................................................................................ 630 Kop. Ass.
    Dazu die doppelte Taxe für die Strecke St. Petersburg - Helsingfors ...................................... 56 Kop. Ass.
    ergibt das Gesamtporto von .................................................................................. 686 Kop. Ass.

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    links oben lese ich 1L = 1 Loth und mittig 2fach. Wurde hier in Loth-, oder Halblothschritten gerechnet?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    die Gewichts- und Portoprogression sah so aus:
    bis 1 Loth einfaches Porto
    > 1 bis 1,5 Loth das 1,5-fache Porto
    > 1,5 bis 2 Loth das 2-fache Porto

    Diese Progression galt aber nur für Briefe, die keine versiegelten Einlagen enthielten. Waren solche Einlagen enthalten, fiel für einen Brief bis 1 Loth das doppelte Porto an.

    Ich habe das links oben auch als 1L(oth) identifiziert, die Taxierung ist aber eindeutig doppelt. Auch die russische Seite hate ihr Inlandsporto doppelt angesetzt.
    Oben mittig, rechts neben den 1 1/4, steht auch eine rote "2 f", die ich als 2-fach interpretiere.

    NB: Inhalt des Briefes ist eine Factura über ein Paket, das 5 Tage zuvor von Lübeck aus abgesandt wurde. Es enthielt diverse Bücher und Zeitschriften (Oktober/November-Ausgaben) im Wert von 30 Rubel.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank - wurden die Briefe offen zur Post gebracht, wo man die Einlagen nur so sehen konnte, oder war das "ad libitum" taxierbar/bezahlbar?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    ich habe mal gelesen, dass (zumindest russischerseits) Auslandsbriefe von den Absendern offen zum Postbüro gebracht und erst dort gesiegelt wurden. Wie gängig diese Praxis z.B. in Preußen oder Sachsen war, entzieht sich meiner Kenntnis.
    Die links stehende Gewichtsnotierung 1 L(oth) wurde mit Rötel notiert, die oben befindliche "2 f" mit roter Tinte. Also wurde das doppelte Porto evtl. von einem Kontrollbeamten veranlasst?

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    das erscheint mir plausibel - ich weiß von anderen Postverwaltungen, dass Einschlüsse "erfühlt und ertastet" wurden bzw. werden mussten. In wieweit das auch hier der Fall war, wird sich schwer klären lassen. Aber unterschiedliche Gewichte bzw. Gewichtsnotationen sind schon außergewöhnlich und könnten mit dem von dir Geschriebenen gut einher gehen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,

    es ist nur ein interessanter Unterschied:
    In dem russisch-preußischen Postvertrag war festgelegt, dass versiegelte Einlagen zum doppelten Portoansatz führen.
    Im preußischen Tax-Regulativ von 1824 wurde in § 7 dagegen festgelegt: Da das Brief-Porto lediglich nach dem Gesammt-Gewichte eines jeden Briefes bestimmt wird, so dürfen etwaige Einlagen, gleichviel, versiegelt oder unversiegelt, von einem und demselben Absender an einen oder an verschiedene Empfänger gerichtet, in keinem Falle, weder bei der Reit- noch Fahr-Post einzeln mit der Brief-Porto-Taxe belegt werden.

    Daher würde ich vermuten, dass die restriktiven Bestimmungen des Postvertrags von russischer Seite eingebracht wurden.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    dem kann ich mich anschließen. Interessanter Teilaspekt dieses PV - kenn ich so kaum einmal (in Bayern war im 1. Reglement sogar ausdrücklich erlaubt worden, Einlagen zu nutzen!).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Werte Freunde,

    Anbei Abbildungen von einem Brief, bei dem mir das Porto etwas Kopfzerbrechen macht.

    Das innerrussische Porto lasse ich offen (1832 hätte ein Brief Riga-Memel 35 Kopeken pro Lot gekostet. Dorpat ist in demselben Gouvernement Livland, insofern könnte das Porto gleich sein). Sicher ist, der Brief war bis zur Grenze bezahlt.

    Das Porto von Memel bis Tübingen, nach Memel Taxa 381 Kopeken Assignaten, wurde rückseitig als 63 1/2 preussische Groschen notiert (davon 1 1/2 preussische Groschen Grenzporto). Die 62 preussischen Groschen, sollten wohl insgesamt 15 1/2 Sgr entsprechen. Soweit ich herausfinden konnte, bekam Preussen für den Transit bis zur bayerischen Grenze 11 Sgr. An der preussischen Aussengrenze endet dann allerdings mein Latein. Der Transit durch Bayern nach Württemberg hat wohl, im Prinzip, 8 Kr gekostet, allerdings passt das irgendwie nicht zu den Vermerken auf der Briefhülle.

    Vielleicht kann jemand die Vermerke deuten. Ich wäre dafür sehr dankbar.

    Herzliche Grüsse,
    Simmerer

  • Hallo Simmerer,

    mit Rastel - Löchern (Cholera) heute attraktiver als damals. ;)

    4 1/2 Gutegroschen Weiterfranko gerechnet = 18 Kr., wovon 8 + 4 = 12 Kr. für Bayern und 4 + 2 = 6 Kr. für Württemberg bestimmt waren.

    Feines Stück! Nur für Bayern - Preußen galt das ganze Loth; hier aber für Bayern als Transitland und Württemberg als Zielland nur das halbe Loth (8,75g), daher 1,5fache Taxe.

    Klasse, dass die Preußen das damals gewusst haben, was beweist, dass sie die jeweiligen Inlandstarife vorliegen hatten (und Russland wohl auch, oder gab es russische Franko - Zettel?).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    vielen herzlichen Dank für die Beschreibung. Da passt ja wirklich alles zusammen !

    Ich würde sagen, dass Preussen die Porti alle berechnet, und dann an Russland weitergereicht hat. Das ist aber eher eine Vermutung. Vielleicht hat ja Michael oder ein anderes Mitglied zur Geschichte der Memel-Taxa nähere Informationen.

    Mit vielem Dank und herzlichen Grüssen,
    Simmerer

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    die in der Memel-Taxa angegebenen Taxen galt für Briefe bis 1 preußischen Loth. Bis 1,5 Loth fiel die 1,5-fache und bis 2 Loth die 2-fache Taxe an.
    Die Taxen für Ziele in Bayern oder Württemberg beinhalteten die abweichenden Gewichtsstufen nur indirekt; sie waren so kalkuliert, dass es im Durchschnitt der beförderten Briefe passte.
    In Russland lagen zu dieser Zeit die bayerischen/württembergischen Tarife sicherlich nicht vor.

    Ein schöner Brief!

    Gruß
    Michael

  • Hallo,

    wie der Brief von Simmerer lief auch dieser Brief nach Tübingen. Geschrieben wurde er am 25.9.1822 in St. Petersburg. Er lief über Memel, Berlin, Hof und Nürnberg.
    Für diesen Frankobrief erhielt Preußen ein Weiterfranko von 63 1/2 Pr. Gr. Hierin enthalten die Immersatter Grenzgebühr von 1 1/2 Pr. Gr. 62 Pr. Gr. entsprachen 15 1/2 gGr. Hierfür steht auf der Vorderseite in rot 4 1/2 / 11. 11 gGr. war das Franko für Preußen bis zur bayerischen Grenze. Bayern erhielt 8 Kr. und Württemberg 6 Kr. So weit so gut.
    Das preußische Weiterfranko an Bayern und Württemberg von 14 Kr. entsprach jedoch nur ca. 3 1/2 gGr. Wieso steht dann auf der Vorderseite 4 1/2?
    Daneben steht in blau 14 (Kr.).

    Grüße von liball

  • hallo liball,
    sollte der preußische Anteil nicht in Silbergroschen gerechnet sein? Meines Wissens wurde der Gute Groschen doch ab 30.9.1821 auf Silbergroschen umgestellt.
    beste Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Hallo preussen fan,

    ich glaube es ist gar nicht so einfach zu sagen wann auf Silbergroschen umgestellt wurde. Das Münzedikt stammt zwar vom 30.9.1821, wann es jedoch endgültig umgesetzt wurde, ist teils umstritten. Joachim Helbig schreibt in seinem Vorphilabuch, Band 2, dass dies am 1.1.1825 der Fall war.
    Angehängt habe ich einen interessanten Artikel aus der Postgeschichte Nr. 56.

    Grüße von liball