Erlebnisse bei Briefmarkenausstellungen

  • Es ist an der Zeit, dass auch in diesem Forum über die Erlebnisse von Ausstellern, Juroren und Besuchern von Briefmarkenausstellungen berichtet wird. Daher beginne ich mit einem ersten kleinen Beitrag über:


    Erlebnisse bei Ausstellungen (1)


    Die Ergebnisse von den Juroren/Preisrichtern sind immer wieder ein Thema, welches besonders durch "negative" Berichte am Köcheln gehalten wird. Bei aller berechtigter Kritik an den Juroren, sollten die Aussteller auch daran denken, dass sie selbst ein Teil einer Ausstellung sind. Immer wieder sieht der geneigte Besucher "Aufmachungen" von schwarzen, mit der Schere kunstvoll handgeschnittenen Unterlegungen, auf denen dann schräge Fotoecken, die auch noch den auf dem Brief befindlichen Marken weitere Knicke zufügen. Abgesehen von der manchmal doch sehr fehlerhaften Rechtschreibung sind die Einleitungen und der Plan oftmals, gelinde gesagt "katastrophal", auf jeden Fall verbesserungswürdig. Aber dies sind Begleiterscheinungen, die man auch außerhalb der Philatelie wahrnehmen kann.
    Nun findet im BDPh-Forum gerade ein "Streit" statt, bei dem es auch um die "Heimatsammlungen" geht. Ein renommierter Juror meint, dies wäre eine einfache Angelegenheit, Sammlungen solcher Art zu beurteilen. Dem ist leider nicht so. Es handelt sich um eine Sammlungsgruppe, die eigentlichen alles, was alle anderen Aussteller in ihren Sammlungen zeigen, in einer Heimatsammlung darstellen kann! Wer da von einem "leichten Spiel" spricht, sollte wirklich nachdenken, ob er diesem Anspruch auch gerecht werden kann.
    Es ist keineswegs so, dass bei kleineren Orten oder Regionen überhaupt irgendwo eine Statistik zum Postverkehr, Angaben zur Eröffnung von Postkursen. Poststellen und dergleichen vorhanden sind. Hier ist es ja gerade die Aufgabe eines Heimatsammlers dieses fehlende, bisher nicht festgehaltene Wissen zusammenzufassen, um die Punkte für die gute Heimatsammlung auf sagen wir Großgold (90 Punkte) zu erzielen. Diese Punktzahl ist für große Orte und Städte mit hohem Postaufkommen in der klassischen Zeit wesentlich einfacher zu realisieren, als in kleinen Orten mit Einwohnerzahlen im zwei- oder dreistelligen Bereich. Nur haben die Sammler dieser kleineren Orte meist auch einen großen Vorteil im Material, bzw. das Material aus der eigenen Familie als Grundlage – meist sind die Aussteller im Ort geboren oder haben Jahrzehntelang dort gewohnt und kennen oft die Garde der letzten 10 Briefträger noch persönlich und gar den Namen der Haushunde, die jemals einen dieser Briefträger gebissen haben . . .
    Das Problem für viele der Heimatsammler ist dabei zu erkennen, was hinter oder in einem Beleg steckt – dies (nicht vom Juror zu sehende Material) zu beschreiben und zu dokumentieren. Es geht hierbei nicht um die Beschreibung des Poststempels auf dem Briefumschlag . . . Und dabei müssen einige ihre Hausaufgabe noch machen.
    Am letzten Augustwochenende 2014 fand in Haldensleben eine multilaterale Ausstellung im Rang 1 statt. Dort konnte man einige klassischen Sammlungen des Deutschen Reiches sehen, die eigentlich weder den Länder- noch den Postgeschichtlichen Sammlungen zuzuordnen waren. Da ist noch etwas zu tun und diese Aussteller sollten sich dabei nicht wundern, wenn sie beim nächsten Ausstellen einige Punkte weniger bekommen. Entweder die Sammlung überarbeiten oder Trennen in den Teil der Länderklasse und den anderen Teil in die Postgeschichte.
    Hingegen gingen in Haldensleben einige Thematische Themen doch etwas unter, beispielsweise die Sammlung zur "Lues venerea" (Syphilis - auch Lues, Lues venerea, harter Schanker oder Franzosenkrankheit (maladie française) genannt) oder auch die "Drogensammlung", dort wurden auf einem Blatt von K. Richard (Rolling Stones) bis zu H. Göring (dem "Reichsjägermeister") die alten Kokser dem Publikum auf Brief oder Marke vorgestellt.


    Ich hoffe, es entwickelt sich eine fruchtbare Diskussion . . .
    Ihr Taxis107

    Mitglied im DASV

    5 Mal editiert, zuletzt von TAXIS107 ()

  • Hier ist es ja gerade die Aufgabe eines Heimatsammlers dieses fehlende bisher nicht festgehaltene Wissen zusammenzufassen, um die Punkte für die gute Heimatsammlung auf sagen wir Großgold (90 Punkte) zu erzielen. ...


    Das Problem für viele der Heimatsammler ist dabei zu erkennen, was hinter oder in einem Beleg steckt – dies (nicht vom Juror zu sehende Material) zu beschreiben und zu dokumentieren. Es geht hierbei nicht um die Beschreibung des Poststempels auf dem Briefumschlag . . . Und dabei müssen einige ihre Hausaufgabe noch machen.
    Ich hoffe, es entwickelt sich eine fruchtbare Diskussion . . .
    Ihr Taxis107

    Hallo Taxis107,


    gleich vorweg: ich bin kein Aussteller, aber informiere mich gerne über die Möglichkeiten. Bei Heimatsammlungen dokumentiert sich der Ort oftmals nur über den Poststempel, da zum Beispiel bei Briefen nur der Poststempel ein "zugelassenes" postalisches Merkmal ist. Der Brief kann noch soviel "Heimatgeschichte" haben, wenn nix postalisches, dann geht das in einer Ausstellungssammlung eben nicht. Also man kann sehr viel Wissen über einen Ort und seine Post zusammntragen, wenn es aber keine nach den Regelungen zeigbare Belege gibt? Als Beispiel: Postämter der Stadt. Postkarten mit den Gebäuden zeigbar? Oder Briefbogen mit dem wunderschönen Vorduck des Postamtes? Wohl nicht, wären sie nur Ganzsachen! So gibt es zahlreiche Beispiele, weshalb aber eine Heimatsammlung (Privat) eine lohneswerte und fantastische Zeitreise ist. Oder in welcher Sammlung kann man Jahrhunderte vor und zurück gehen, wie's beliebt? Hier gibt es keine Beschränkungen, ob Vormarkenzeit, Markenzeit oder politische Eingrenzungen.


    Beste Grüße von Luitpold

    "Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde." (Karl Jaspers. dt. Philosoph).

  • Also, ich würde immer eine alte Ansichtskarte oder eine Photographie mit dem oder den Postgebäuden unterbringen, dazu noch ein Bild von einem alten Postboten um die Zeit vor 1900 - das würde bei einer Heimatsammlung bestimmt nicht stören.
    Bei dem Poststempel meinte ich, dass dies ja der "kundige" Juror ohne Blindenhund erkennen muss. Nur wenn es sich um zahlreiche verschiedene Stempel eines Ortes handelt, dann sollten diese auch beschrieben werden. Aber bei nur einem vorkommenden Ring-Nr.-Stempel und zwei Ortsstempeln, da muß nicht viel dazu geschrieben sein. Eigentlich sollte das beschrieben werden, was nicht zu sehen ist, nämlich die Briefrückseite mit Ankunfts-, Durchgangs- und sonstigen Stempeln und Angaben, wenn sie nicht als Kopie neben die Belege montiert sind. Oder auch die verschiedenen Angaben zu Bestellgeld und sonstigen anfälligen Gebühren. Da kann der "kundige" Juror, vorausgesetzt er sieht und liest es, erkennen ob der Aussteller seine Hausaufgaben gemacht hat.
    In diesem Sinne einen Gruß von Taxis107

    Mitglied im DASV

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen.


    mit der immer wieder zu hörenden Anforderung (?), nur dass zu beschreiben, was ein kundiger Juror nicht auch sehen erkennen kann, habe ich so meine Schwierigkeiten. Die relevanten rückseitigen Informationen sind in der Regel als Einzelabbildung neben dem Brief zu sehen oder als komplette (verkleinerte) Rückseitenkopie. Wenn ich den "kundigen Juror" als Maßstab nehme, könnte ich mir fast jegliche Kommentierung verkneifen. Die PVs findet er auf der DASV-Seite, Taxenzuordnung wird er ja wohl selber hinkriegen und der alten Schreibweisen ist er eh mächtig. Also was soll ich noch beschreiben?
    Meine Sachkunde hätte ich ja durch passende Auswahl und Zusammenstellung der Belege dokumentiert ... :D


    Bei dieser Herangehensweise käme man meiner Meinung nach dazu, dass schließlich nur noch die Juroren und wenige - dann zwangsweise sachkundige - andere Sammler durch die Rahmenreihen gingen. Ein etwas weniger sachkundiger Interessierter hätte keine Chance mehr, die Exponate zu verstehen, geschweige denn, Spaß daran zu finden.


    Aber vielleicht stehe ich mit dieser Sichtweise auch alleine da. Eigentlich möchte ich eine spannende Sammlung zeigen, in der ich nicht nur zeige, dass ich auch Unterabschnitt VII von § 23 des relevanten PVs verstanden und zudem auch das nötige Geld investiert habe, um das mit einer seltenen Dreifarbenfrankatur belegen zu können. Mein Wunsch wäre, eine Sammlung auch so aufzuziehen und beschreiben zu können (dürfen), dass auch Sammler, die mit meinem Sammlungsthema bisher wenig Berührung hatten, hiervon profitieren können.
    Als ich meine Sammlung zum ersten Mal ausstellte, hatte ich bei 96 Seiten auf einer Seite eine (!) (zeitgerechte !) Postkarte zur Illustration des neu gebauten und nun auch für den Posttransport genutzten Bahnhofs zu zeigen. Bei dem Jurygespräch wurde ich darauf hingewiesen, dass "derartiges" doch nicht dazu gehören würde ...


    Viele Grüße
    Michael

    Mitglied im DASV - Internationale Vereinigung für Postgeschichte

  • ... in der ich nicht nur zeige, dass ich auch Unterabschnitt VII von § 23 des relevanten PVs verstanden und zudem auch das nötige Geld investiert habe, um das mit einer seltenen Dreifarbenfrankatur belegen zu können. ...

    Hallo Michael,


    aber nur so wird man als großer Sammler :rolleyes: in die Analen der Philatelie einziehen - was solls ?(
    Schön anzuschauen sind diese Sammlungen schon - wie hier http://www.exponate-online.de/e_exponat.asp?a=1&e=130
    Da finden sich die 3-Farben-Frankaturen usw. ein "Augenschmaus" und nur auf die Stadt Mainz bezogen. Dort liest man: "Bitte beachten: Die Sammlung ist mittlerweile aufgelöst.Ausstellungserfolge: Die Sammlung wurde mehrfach hoch prämiert."


    Da kann man sich auch mal eine Ganzsache erlauben - oder :?: - sehr schön gemacht und informativ auch für Nichtsammler - siehe Anhang.


    Besten Gruß von Luitpold