Preußen - Laufzettel

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    im Jahre 1852 hatte ein Offizier in Pinne einen Brief mit 170 Thalern an das Kreisgericht in Pleschen gesandt. nach einiger Zeit machte er sich Sorgen über den Verbleib, da er keine Rückmeldung erhielt. Also ließ er nachforschen. Das Postamt in Pinne schickte einen Laufzettel auf die Reise. Der Text lautete:


    Der Offizier der am 15. November d. hier zur Post gegebene n Briefes mit 170 Th. 5 Gr. an das königl. Kreis Gericht in Pleschen, wünscht, da ihm vom Empfänger bis jetzt noch keine Nachricht darüber zugegangen, über den Verbleib baldmöglichst in Kenntniß gesetzt zu sein.
    Die königlichen Post Anstalten des Laufes bis Pleschen werden demgemäß hiermit ergebenst ersucht, die Weitersendung des obigen vom 16. pr seb. No. 1 der Geldkarte auf Posen von hier richtig abgesandten Geldbriefes gefälligst nachweisen und gegenwärtigen Laufzettel
    schleunigst remittieren zu wollen.

    Pinne, den 17.Dezember 1852


    Der Brief lief von Pinne über Posen nach Plesche und dann zurück nach Pinne. Alle involvierten Postämter bestätigten innseitig die ordnungsgemäße Weiterleitung und das Postamt in Pleschen die Zustellung.
    Die Aktion kostete den Absender 2 Sgr., die er zurückerhalten hätte, wenn der Post ein Fehler bei der Leitung/Zustellung unterlaufen wäre.




    Frankierte Laufzettel sind relativ selten zu finden.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    großen Glückwunsch zu dieser Bombe - ein Traum, fürwahr! :P:P:P


    Da ich ja mehrere Laufzettel besitze und immer gerne weiß, wie andere Postverwaltungen das damals gehandhabt haben, möchte ich gerne wissen, ob es preußische Laufzettel gibt, aus denen hervor geht, dass die Gebühr hierfür dem Absender ersetzt wurde.


    Nachfrage: 2 Sgr. war das Franko - war der Laufzettel selbst umsonst? Bei Bayern kostete er die Briefgebühr und 12x für die Mühewaltung der Post.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,


    hier die entsprechenden Paragraphen aus dem preußischen Posttarif:


    §35
    Wenn wegen richtiger Beförderung zur Post gegebener Gegenstände Zweifel entstehen, so ist dem Absender verstattet, offene Requisitionen (Laufzettel) mit genauer Bezeichnung des Namens, Standes und Wohnorts des Adressaten zu erlassen, worin von den Postanstalten über das Verbleiben jener Gegenstände Auskunft gegeben werden muß.


    §36
    Für die Absendung eines solchen Laufzettels zahlt derjenige, auf dessen Verlangen dieselbe erfolgt, das einfache tarifmäßige Briefporto, welches demselben in dem Falle, daß irgend eine Unregelmäßigkeit bei den inländischen Postbehörden stattgefunden hat, zurückgezahlt wird.


    Laufzettel innerhalb Preußens mussten nicht recommandirt werden.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    vielen Dank - war bei Bayern alles anders, hoch interessant.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    hier ein etwas anderer Laufzettel.
    Aufgegeben in Berlin am 17.10.1843 nach Riga, Russland. Portofrei versandt als "Postsache wegen nicht zurückgesandter Recepisse"



    Der Inhalt:



    Das quittierte Recepisse über den vom 8ten Juny von hier abgesandten xxx Brief an Müller in Waidau pr Riga wird erbeten.
    Berlin d. 17 Octobr 43


    ….. das Schreiben ging mit der …. am 8ten Juny richtig nach Riga ab.
    Berlin d. 17ten Octobr 1843 ... Auslands Expedition No. 8


    Daß ich Endes unterschriebener aus diesem Kaiserlichen Post:Amte Riga hierselbst einen recommandirten Brief aus Berlin von dem Königl. Land und Stadt-Gericht richtig erhalten, bescheinige hiermit.
    Waidau d 26ten Octobr 43


    Es galt noch der preußisch-russische Postvertrag von 1821 (der Additionalvertrag trat erst im November 1843 in Kraft). In diesem PV war die Recommandation noch gar nicht aufgeführt worden, da sie zu dieser Zeit auch noch nicht in Preußen allgemein eingeführt worden war.
    Offensichtlich war sie zwischenzeitlich dann auch für Briefe nach Russland zugelassen worden.


    Kennt jemand dieses Kürzel?


    Auch für Ergänzung der noch unklaren Textpassagen wäre ich dankbar.


    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,


    ein phantastisches Stück - so noch nie gesehen, ein Traum! :P:P


    Die Paraphe könnte für pps stehen ... sicher ist das aber nicht.


    Text:


    Das quittierte
    Recepisse über den vom 8ten Juny von hier abgesandten pps Brief an Müller in Waidau pr Riga wird erbeten.
    Berlin d. 17 Octobr 43


    Brief Annahme - Unterschrift


    Die Recc. stehendes Schreiben ging mit der Reitpost am 8ten Juny richtig nach Riga ab.
    Berlin d. 17ten Octobr 1843 Hof - Postamts - Expedition No. 8


    Daß ich Endesunterschriebener aus diesem Kaiserlichen Post:Amte Riga hierselbst einen recommandirten Brief aus Berlin von dem Königl. Land und Stadt-Gericht richtig erhalten, bescheinige hiermit.
    Waidau d 26ten Octobr 43

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Lieber Ralph,


    danke für die Texthilfe. :)


    Etwas ist noch auffällig an diesem Beleg: Der Unterzeichner Müller in Waidau unterzeichnete und siegelte mit seinem Siegel, so wie es bei der preußischen Post bei Empfangsbestätigungen gefordert war.
    Entweder kannte dies von früheren Recepissen oder die russische Post hat diese Vorgehensweise übernommen. Einschreiben in Russland gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, nur "versicherte" Briefe (für die bei Verlust aber meines Wissens keine Entschädigung gezahlt wurde).


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    vlt. hat die preußische Post darauf bestanden, auf die gleiche Weise die fremden Recepissen ausgefertigt zu bekommen, wie im Inland. Oder die Russen wollten auf Nr. sicher gehen und ließen den Adressanten das so machen.


    Es ist immer interessant, wie die Korrespondenten nach vorne preschten und erst später die Verwaltung merkte, dass die Verträge modifiziert werden müssten. Die normative Kraft des Faktischen halt.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.