Politische Verhältnisse in S-H

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    hier hatte ich einen Brief von Ahrensböck nach Bergedorf vorgestellt und dabei leichtfertigerweise geschrieben, dass Ahrensböck in Holstein liegt.
    Postalisch mag dies ja auch stimmen, aber politisch sah die Lage anscheinend doch etwas anders aus.
    Wenn man den Wikipedia-Informationen glauben darf, gehörte das Gebiet um Malente, Eutin, Ahrensböck und Schwartau zum Fürstentum Lübeck (ehemals Hochstift Lübeck, nicht verwechseln mit der Freien und Hansestadt Lübeck ). Dieses Fürstentum war wiederum durch Personalunion des Herrschers mit dem Großherzogtum Oldenburg verbunden.


    In leichtem Widerspruch zu den verschiedenen Karten (Wikipedia oder auch Michel-Atlas zur Deutschland-Philatelie), in denen Ahrensböck immer Bestandteil des Fürstentum Lübeck war, steht nun in dem oben verlinkten Artikel zum Fürstentum Lübeck, dass das Amt Ahrensböck erst im Rahmen eines Ausgleichs von Erbansprüchen in Schleswig-Holstein 1867 von Preußen (!?) an das Fürstentum abgetreten wurde.


    Kennt jemand jenseits von Wikipedia hierzu verläßliche Quellen?


    Postalisch wurde dieses Gebiet anscheinend immer (?) als holsteinisches "Inland" behandelt.
    Weiß hierzu jemand etwas näheres?


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,


    in den schleswig-holsteinischen Geschichtsbüchern wirst Du kaum etwas finden, was der Glorifizierung der Rolle Preußens entgegenstehen könnte. Die bis in die jüngste Vergangenheit stramm deutschnational ausgerichtete schleswig-holsteinische Historikerzunft bejubelte lieber die preussische "Befreiung der Schleswig-Holsteiner vom dänischen Joch" als sich mit Annektion und Gleichschaltung des Landes durch Preussen zu befassen.


    Im immerhin über 800 Seiten starken Buch von Ulrich Lange (Hrsg.) "Geschichte Schleswig-Holsteins" findet die Abtretung Ahrensböks (oder anders ausgedrückt: Das Verschachern von Untertanen gegen politische Zugeständnisse) überhaupt keine Erwähnung. Im Ploetz "Geschichte Schleswig-Holsteins" heisst es auf Seite 83 lapidar "Als Enklave besteht innerhalb der Landesgrenzen außer kleineren Gebietssplittern der Hansestädte Hamburg und Lübeck nur noch das zum Großherzogtum Oldenburg gehörende Fürstentum Lübeck (Eutin), das 1866 durch das Amt Ahrensbök erweitert worden ist." Kein Hinweis zum wieso und warum.


    Zwischen Oldenburg und Dänemark gab es eine vertragliche Übereinkunft, dass die dänische Post auch die Postversorgung im Fürstentum Lübeck übernimmt. Max Meedom beschreibt in seinem Artikel "Dansk postbesørgelse i Fyrstendømmet Lübeck" in der PHT 4/1997 das Ganze recht ausführlich und druckt auch die Proklamation des Postvertrages zwischen Dänemark und Oldenburg vom 17. August 1845 in seinem Artikel ab. Der Vertrag ist in vollem Wortlaut auf der (nur Mitgliedern zugänglichen) homepage der DPHS hinterlegt (Patent vom 18.3.1846). Der Vertrag trat am 1.4.1846 in Kraft.


    Viele Grüße
    DKKW

  • Hallo Michael,


    interessantes Thema und das animiert mich zum suchen.


    Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 fiel 1865 Schleswig Holstein ja an Preussen und Dänemark. Nach dem Krieg von 1866 annektierte Preussen 1867 Schleswig und Holstein.
    Zwischenzeitlich gab es noch Erbansprüche von Grossherzog Peter von Oldenburg auf Teile von Holstein. Um diese auszuräumen schloss Preussen mit Oldenburg am 27.09.1866 einen Vertrag ab. Da es dem Grossherzog darum ging die beiden Landesteile Schwartau und Eutin zu verbinden kam es zum Gebietstausch. Infolge des Kieler Vertrags vom 23.02.1867 ging das Amt Ahrensbök am 19.06.1867 in Oldenburgischen Besitz über.
    Neben den Amt Ahrensbök erhielt der Grossherzog noch 1 Million Thaler was damals auch eine recht große Summe wahr.
    Auf einer anderen Web Seite (finde ich aber nicht mehr) habe ich gelesen das es damals Proteste der Bevölkerung gab. Sie wollten lieber Preussen bleiben, was ich durchaus verstehe kann :):)



    google books Link


    schönen Gruss


    Peter

    • Offizieller Beitrag

    Hallo DKKW & peterhz,


    vielen Dank für eure interessanten Informationen. :)
    Dann begebe ich mich mal auf die Suche nach einen Brief aus Ahrensböck aus der 2. Jahreshälfte 1867 ...


    Was war denn vor dem Vertrag?
    Wurde 1846 nur bestehendes in Vertragstext gegossen oder waren die postalischen Verhältnisse im Fürstentum Lübeck davor anders geregelt?


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo zusammen,


    vor der Übernahme der Postdienste durch die dänische Post lag das Postwesen in landesherrlichen Händen. Diese Post geht wohl auf das gottorfer Postwesen aus dem 17. Jahrhundert zurück, deren Postverbindung von Gottorf (Schleswig) nach Lübeck über Plön und Eutin führte. Diese Verbindung ging wohl schon im 17. Jahrhundert wieder ein und wurde durch eine Fahrpost der holstein-gottorf-plönischen Herzöge von Plön über Eutin nach Lübeck ersetzt, der aber ebenfalls nur ein kurzes Leben vergönnt war. Ebenfalls noch im 17. Jahrhundert wurde eine Reitpostverbindung von Gottorf über Kiel, Plön und Eutin nach Lübeck eingerichtet die anscheinend recht ordentlich funktionierte. Aus dem Jahr 1704 ist eine Postordnung der "Fürstlich Schleswig-Holsteinischen und Fürstbischöflichen Eutinischen Fahrenden Kommunionspost" überliefert. Hinter dieser hochtrabenden Bezeichnung verbarg sich eine Fahrpostverbindung zwischen Kiel und Lübeck, sie funktionierte mehr schlecht als recht, es sind zahlreiche Beschwerden an den Fürstbischof archiviert. Diese Verbindung wurde folgerichtig im Jahr 1708 wieder eingestellt. Daraufhin übernahm ein fürstbischöflicher Kammerbote den Postdienst zwischen Eutin und Lübeck. Da auch dieser Postdienst nicht befriedigte wurde im Jahr 1721 eine Übereinkunft mit dem lübecker Senat geschlossen aus der heraus eine landesherrliche Post mit mehreren Verbindungen (Eutin-Segeberg-Oldesloe-Hamburg/Fahrpost, Kiel-Plön-Eutin-Lübeck/Reitpost, Eutin-Heidmühlen/Reitpost und Eutin-Oldenburg/Reit- und Fahrpost) entstand. Der landesherrliche Postdienst erfreute sich erneut keiner großen Beliebtheit, in den Akten der fürstbischöflichen Regierung finden sich viele Beschwerden. Im Jahr 1777 kam es deshalb zu einer ersten Übereinkunft mit der dänischen Post, die eutinischen Postmeister wurden zugleich zu dänischen Postmeistern ernannt. Dies kennen wir ja von Lübeck, dort war der lübische Postmeister gleichzeitig auch dänischer Postmeister. Dies führte auch zu neuen bzw. geänderten Postverbindungen.
    Da die fürstbischöfliche Herrschaft sich nicht weiter um das Postwesen kümmerte, waren Postkontraventionen wohl an der Tagesordnung. Nach der Verlegung des Regierungssitzes von Eutin nach Oldenburg bemühte sich die oldenburgische Regierung erneut um eine Verbesserung der Postverhältnisse die in die Übernahme des eutinischen Postwesens durch die dänische Post im Jahr 1846 mündete. (Quelle: Heft 1991, Postgeschichte zwischen Nord- und Ostsee)


    Viele Grüße
    DKKW

    • Offizieller Beitrag

    Hallo DKKW,


    wieder meinen herzlichen Dank für das Einstellen dieser ausführlichen Schilderung der frühen Verhältnisse.
    Wenn ich es richtig interpretiere, gab es dann bis 1846 zumindest theoretisch die Varianten der Beförderung auf eutinischen und alternativ dänischen Postkursen.


    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,


    hierzu wage ich zur Zeit keine Aussage da mir der Text der Vereinbarung aus dem Jahr 1777 nicht vorliegt. Auch in Fogtmans Reskriptsammlung habe ich keinen Hinweis auf den Vertrag gefunden (Google-Buch). Die Original-Verträge müssten eigentlich sowohl im Reichsarchiv in Kopenhagen als auch in Schleswig-Holstein (vermutlich im Landesarchiv) einsehbar sein aber während meiner Urlaubsreisen in der Heimat bzw. in Dänemark war das Wetter noch nie so schlecht, dass ein Archivbesuch in Frage gekommen wäre :D


    Viele Grüße
    DKKW