Unzureichend frankierte Briefe aus dem Briefkasten

  • Hallo preussen_fan,


    gerne hätte ich deinen Vortrag live verfolgt. Das Material sieht sehr gut und interessant aus. Darf ich dazu etwas bemerken?


    Bei dem Brief aus Elberfeld nach Amsterdam lese ich keine 15 Cents, sondern 85 Cents. Haben die NL den Brief vlt. als ganz unfrankiert erachtet und den Markenwert, den Preußen anrechnete, ignoriert?


    Eine Besonderheit zeigt der Brief darunter aus Barmen nach Wiesbaden - Wiesbaden lag im Kreuzerbezirk, die Nachtaxe erfolgte aber zurecht in Silbergroschen. Warum? Weil un- bzw. unterfrankierte Briefe in der Währung des NDB abzurechnen waren und das waren immer Silbergroschen, auch wenn die Zahlung durch den Empfänger in einer anderen Währung erfolgte. Das zu belegen ist nicht leicht - klasse!


    Bei dem Brief aus Magdeburg nach Rischenau steht links nicht "1 gestrichen", sondern das Kreuzerzeichen, welches sich auf die vorher notierten 6 bezog.


    Die Beschreibung des Briefes aus Breslau nach Rauenberg ist nicht richtig - der Portozuschlag, so sagt es ja der Name, war primär vorgesehen für Portobriefe, weniger für die seltenen unterfrankierten Briefe. Der Beamte dort hat fälschlicherweise nur 9x = 3 Sgr. notiert, weil er das preußische Verfahren versehentlich für den Postvereinsbrief übernommen hatte. Er hätte daher 3 + 1 = 4 Sgr. rechnen und 12 Kr. Porto notieren müssen.


    Da die Abgabepost die Notation der Aufgabepost nur in schweren Fällen von Fehltaxierungen korrigieren durfte, also i. d. R. zu eigenen Lasten, hat Baden hier den Fehler Preußen toleriert, denn die 9x wurden Preußen ja vergütet und Baden hatte keinen Einnahmeverlust.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo preussen_fan


    sehr schön!


    bayern klassisch hat schon einige Anmerkungen gemacht und ich möchte noch etwas ergänzen.


    Zum Brief Barmen - Wiesbaden ist noch zu sagen, dass die Verwendung der 1 Sgr - Marke im 5. Monat nach Außerkraftsetzung erfolgte.


    Allgemein würde ich die Seiten so aufbauen, dass die zuerst innerhalb Preussens gelaufenen am Anfang stehen, da es kein Ergänzungsporto gab. Anders im DÖPV, da gab es bei der Briefpost Ergänzungsporto. Diese würde ich somit anschliessen lassen.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Hallo Preussen_fan,


    sehr schöne und Informative Zusammenstellung zeigst Du uns. Wenn Du davon noch mehr hast bitte hier zeigen.
    Die Zusammenstellung der Stempel "aus dem Briefkasten" und "im Briefkasten vorgefunden" ist schon klasse.


    zu dem Brief von Elberfeld nach Amsterdam:


    Interessant wäre zu wissen von wann der Brief ist.
    Ist der Brief von 1864 oder später wäre er korrekt frankiert gewesen. Elberfeld 1 Tax-Rayon + Niederlande = 3x2 = 6 Sgr.
    Daher können wir annehmen das der Brief von vor 1864 ist. Das würde bedeuten Elberfeld 1 Tax-Rayon + 2 Tax-Rayon Niederlande = 3x3 Sgr. =9 Sgr.
    6 Sgr. waren frankiert , fehlen 3 Sgr. Dies steht auch so auf dem Brief.
    Dies kann aber nicht sein, weil Teilfrankierungen nicht Statthaft waren!!!!. Eine Anrechnung der Marken gab es erst im Postvertrag von 1864.
    Das würde bedeuten wenn der Brief vor 1864 ist, dass das Porto von 6 Sgr nicht anerkannt wurde und der Brief als komplett unfrankiert angesehen wurde.
    Damit hätte der Brief in den Niederlanden 45 Cent gekostet, weil einen Portozuschlag für unfrankiert nicht gab. Erst ab 1864.
    Aber auf 85 Cent komme ich nicht!
    Etwas Rätselhaft dieser Brief ?(?(


    schönen Gruss
    Peter

  • liebe Sammlerkollegen,
    ich zeige hier einen unterfrankierten Brief, der von Aachen nach Wien ging. Es handelt sich um eine 1Sgr.-Ganzsache der 9. Ausgabe von 1863 (Mi.U26). Damit war der Brief um 2Sgr. unterfrankiert. Der Postbeamte schrieb in Blaustift "Briefkasten" darauf und "15".
    Die Portonachberechnung erfolgte so:
    2Sgr. Nachporto plus 1Sgr. Zusatzgebühr in den Postverein = 3Sgr. Da 1 Sgr. 5 Neukreuzer in Österreich entsprachen, ergaben sich 15 Neukreuzer, die in Blaustift ausgeworfen wurden und vom Empfänger einzuziehen waren.
    viele Grüße
    preussen_fan

  • Hallo preussen fan,


    ein sehr schöner und interessanter Vortrag.
    Zur Ergänzung ein Beleg mit handschriftlich "aus dem Briefkasten":
    Ganzsache 3 Sgr. in den Briefkasten gelegt. Dort handschriftlich
    "reicht nicht" und "aus den Briefkasten" mit Aufgabestempel HALLE
    BAHNHOF 3.9.1856, nach Zürich in der Schweiz. An Nachgebühr fielen
    9 - und 3 Kreuzer an. Dies waren 40 Rappen, die in rot angeschrieben
    wurden und vom Empfänger zu zahlen waren. Siegelseitig Badischer
    Bahnpoststempel vom 4. Sept. und Ankunftsstempel Zürich vom 5. Sept.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,


    ein toller Brief aus der Anfangszeit des Vertrages, als das verklebte Franko noch nicht auf die Gebühr angerechnet wurde und sich Preußen freute, denn man hatte 3 Sgr. kassiert und bekam noch 9x obendrein, nur weil der Absender zu optimistisch war.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • liebe bayern klassisch und Vorphila Bayern,
    bei dem Brief Halle - Zürich komme ich nicht ganz mit der Portoberechnung klar. Wieviel Silbergroschen hätten denn korrekterweise in Halle frankiert werden müssen?
    mfg
    preussen_fan

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber preussen fan,


    3 Sgr. für Preußen über 20 Meilen von jedem Grenztaxpunkt zur CH entfernt und 1 Sgr. für die CH vom Grenztaxpunkt (egal welchem) bis 10 Meilen zum Zielort (1. Rayon).


    Da aber keine 4 Sgr. frankiert worden waren, galt der Brief als ganz unfrankiert, die 3 Sgr. verfielen und Preußen wollte 3 Sgr. = 9 Kr. bis zur Grenze und die CH ihre 3 Kr. für sich, so dass 12 Kr. = 40 Rappen vom Empfänger eingezogen wurden.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo preussen fan


    schönes Stück, könnte ich auch gebrauchen.


    ...und 3 Monate später (ab Januar 57) wären die 3 Sgr. angerechnet worden. Dann hätte es nur die fehlenden 3 Kreuzer gekostet.


    schönen Gruss


    Peter

  • Lieber preussen fan,


    3 Sgr. für Preußen über 20 Meilen von jedem Grenztaxpunkt zur CH entfernt und 1 Sgr. für die CH vom Grenztaxpunkt (egal welchem) bis 10 Meilen zum Zielort (1. Rayon).


    Da aber keine 4 Sgr. frankiert worden waren, galt der Brief als ganz unfrankiert, die 3 Sgr. verfielen und Preußen wollte 3 Sgr. = 9 Kr. bis zur Grenze und die CH ihre 3 Kr. für sich, so dass 12 Kr. = 40 Rappen vom Empfänger eingezogen wurden.


    ja danke lieber bayern klassisch, jetzt ist mir die Sache wieder klar. Ich hatt die Postvereingebühr von 3Sgr. im Kopf, wie sie ja bei meinem Brief nach Wien fällig war und übersehen, dass die Schweiz ja AUsland mit zusätzlichem Porto war.
    viele Grüße
    preussen_fan

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Jörgen,


    es wird nicht das österreichische gewesen sein - unten links strich man noch "franko", weil er eben nicht frankiert war.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • liebe Sammlerfreunde,
    wie schon bayern klassisch erwähnt, war es nicht das östereichische, sondern es war wohl das Liebenthal in Niederschlesien, heute Lubomierz, ca. 18 Meilen von Breslau entfernt, also in der zweiten Entfernungsstufe zu
    2 Silbergroschen.
    viele Grüße
    preussen_fan

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • liebe Sammlerfreunde.
    Der nachfolgende Brief wurde am 3.8.1865 in Breslau im Oberschlesischen Bahnhof in den Briefkasten gelegt. Die Entfernung nach Weißkirchen in Mähren betrug knapp über 24 Meilen und fiel daher in die 3. Entfernungsstufe, was 3Sgr. statt der verklebten 2Sgr.-Marke erfordert hätte. Der Postbeamte bemerkte die Unterfrankatur, setzte den Nebenstempel "Aus dem Briefkasten" auf und in blau seine Unterschrift daneben. Was ich vermisse, ist der Vermerk der fehlenden Gebühr. Die Gebühr sollte sich meiner Meinung nach folgendermaßen berechnen lassen:
    1Sgr. fehlendes Franko
    1Sgr. Zusatzgebühr im Postverein, macht zusammen 2Sgr. oder 6 Kreuzer, falls in Weißkirchen in Gulden gerechnet wurde.
    Habe ich was übersehnen oder falsch interpretiert?
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

  • Hallo Erwin,


    sehr schöner Brief!


    Bei 180 km Entfernung fehlten 10 Neukreuzer = 2 Sgr.. Diese Notation sehe ich auch nicht - entweder man hat es auf dem Brief vergessen, bei Preußen eher unüblich, aber in der Briefkarte wurde der Brief als "Un- und Unterfrankiert" geführt, dann bekam Preußen sein Geld, oder er schlüpfte durch.


    Wir werden es nicht heraus bekommen, aber es ist ein Schmankerl auf alle Fälle und wird in der Form kaum einmal zu finden sein. Gerne hätte ich so einen von Bayern ... ^^

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • danke bayern klassisch,
    in meiner Kollektion mit den Briefkasten-Nebenstempeln ist dieses Stück einmalig. Bei allen andern ist die fehlende Gebühr ausgeworfen. Übrigens ist dieser Stempel vom Oberschlesischen Bahnhof der letzte mir fehlende gewesen. Jetzt kann ich alle in Preußen verwendete Briefkastenstempel belegen.
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • danke bayern klassisch,
    in meiner Kollektion mit den Briefkasten-Nebenstempeln ist dieses Stück einmalig. Bei allen andern ist die fehlende Gebühr ausgeworfen. Übrigens ist dieser Stempel vom Oberschlesischen Bahnhof der letzte mir fehlende gewesen. Jetzt kann ich alle in Preußen verwendete Briefkastenstempel belegen.
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.


    Lieber Erwin,


    wohl dem, der das von sich sagen kann (oder von seiner Sammlung). :)


    Das wäre doch ein Artikel im Rundbrief der ARGE Preußen wert, oder? ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • lieber bayern klassisch,
    den Artikel habe ich schon in Preußen-Studien Nr. 131, September 2012, Seite 20-30 gebracht. Nur fehlten mir damals die Belege von Breslau, Oberschlesischer Bahnhof und Magdeburg, so dass ich dafür Abbildungen aus damals aktuellen Auktionskatalogen genommen hatte.
    beste Grüße
    preussen_fan
    Erwin W.

    viele Grüße
    Erwin W.
    preussen_fan

  • Lieber Erwin,


    oops - bin leider kein Mitglied dort, aber ein Nachtrag zum damaligen Artikel freut sicher jeden Preußensammler. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.