Brief mit Schlüssel

  • Hallo,


    bei diesem Brief ist vor allem die handschriftliche Notiz "einliegend 1 Schlüssel" auffällig. Bislang habe ich noch keinen anderen Brief mit einem solchen Vermerk gesehen - oder einfach nur nicht gut genug darauf geachtet.

    Ein kurzer Austausch mit bayern klassisch hat mir schon mit einigen Informationen weitergeholfen, aber das große Puzzle habe ich leider noch nicht zusammen:


    Der Hinweis auf einen Schlüssel macht doch nur Sinn, wenn es auch eine entsprechende postalische Verordnung gibt.
    Vielleicht zählte der Schlüssel beim Gewicht nicht mit, so dass ein Brief trotz des Schlüssels als einfacher Brief verschickt werden konnte?
    Dann müßte der Schlüssel aber eher anhängen, damit das Gewicht des eigentlichen Briefes überhaupt getrennt ermittelt werden konnte (ansonsten hätte man versuchen können, schwerere Briefe durch das Beilegen eines Schlüssels als einfache billiger zu verschicken).


    Was war an Schlüsseln so außergewöhnlich, dass es eine entsprechende Notiz bzw. Postregelung erforderte?
    Kam es so häufig vor, dass Schlüssel vergessen und dem Besitzer nachgesandt werden mussten?
    Oder was gibt es ggf. noch für Hintergründe für eine spezielle Handhabung von Schlüsseln?


    Wenn jemand Informationen zu dieser Schlüsselfrage hat, natürlich auch gern aus anderen Sammelgebieten, oder sogar weitere Belege zeigen kann, würde ich mich freuen ...

    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht


    Ein schöner Brief :) :)


    Eine endgültige Antwort kann ich natürlich nicht geben.


    Bin hier nicht sicher ob der Vermerk ein postalischer ist. Es konnte ein Hinweis an der Adressat oder an der Hausbesitzer dass es was wichtiges ist. Anderseits ist einen Schlüssel etwas was man nicht jeder gibt, weil es etwas geschlossenes öffnen kann. Dann sagt man auch nicht jeder Bescheid?


    Wenn es postalisch wäre,ist dieser Vermerk nützlich wenn man Werte nicht schicken dürfte, bei Normalspedition. Ob es bei dem Post als wertvolles gesehen war, weiss ich nicht.


    Wahrscheinlich hast du auch selbst diese Gedanken gehabt, ist aber jetzt geäussert.


    Danke fürs Zeigen. :) :)


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nordlicht,


    Briefe mit diesem Vermerk gibt es von mehreren AD - Ländern, es kam also häufiger vor, dass man einem einen Schlüssel vor- oder eher nachschickte.


    Ich nehme an, dass man den Schlüssel erwähnte, weil die Post nicht denken sollte, dass man eine zollpflichtige Ware in den Brief eingepackt hätte. Schmuck z. B. fühlt sich, wenn man ihn in einen Brief einlegt, von außen ähnlich an. Da die Briefpost Wertgegenstände wie Schuck, Edelmetalle oder Geschmeide nicht annehmen und versichern durfte, umging man diese mögliche Klippe, indem man den Inhalt beschrieb. Einen Schlüssel klaute niemand bei der Post, weil man ja nicht wusste, wofür er zu gebrauchen war. Hätte man aber ahnen können, dass etwas wertvolles in einem versiegelten Brief sein könnte, dann wäre das Briefchen sicher schnell geplündert worden.


    Hausschlüssel wird man nicht versandt haben, denn die wogen damals 50g oder auch viel mehr. Sonderbarerweise sind alle Briefe mit diesem Vermerk einfach gewesen, also teils nur bis 10g schwer!
    Es wird sich also höchstwahrscheinlich um Koffer- oder Reiseutensilienschlüssel gehandelt haben, die man bei seinem Besuch vergessen hatte und die der aufmerksame Gastgeber zurückschickte, denn alle Briefe waren auch frankiert! Fremden Leuten hätte man damals einen Portobrief geschrieben und nicht noch Geld für die Frankatur ausgegeben (das beste Stück, welches ich kenne, ist ein Bayernbrief mit der 18x gelb nach Frankreich).


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Nordlicht,


    nach längerer Suche ist mir meiner wieder in die Hände gefallen, den ich ausnahmsweise hier präsentieren darf:


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    Er lief am 10.12.1866 von Würzburg nach Bayreuth und lag, ich hatte es zuvor anders geschrieben, in der 2. Gewichtsstufe, also über 1 bis 15 Loth damals. Leider hat das Kuvert keinen Inhalt mehr, aber auch hier versandte man mit der Briefpost und vermerkte unter franco: "Mit einem Schlüßel". Aus Bayern kenne ich gerade mal 4 Briefe mit diesem interessanten Vermerk - da wird es von SH wohl eher weniger geben, oder?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo bayern klassisch,


    die Erklärung, dass der Vermerk "Schlüssel" anzeigen sollte, dass der Inhalt nicht zollpflichtig oder diebstahlswürdig war, erscheint mir sehr plausibel.
    Andererseits hätte man es dann aber auch umgekehrt handhaben und Wertgegenstände als Schlüssel deklariert verschicken können ;)


    Eigentlich habe ich mir unter Schlüsseln im 19.Jahrhundert einen mächtigen Bartschlüssel vorgestellt, aber diese hätten wohl nicht in diese Umschläge gepasst. Zumindest wundert mich, dass die Schlüssel meist in einfachen Briefen verschickt werden konnten - in der Annahme, dass der Schlüssel beim Gewicht tatsächlich mitzählte.


    Vielen Dank für das Heraussuchen Deines Briefes!
    Wenn es schon aus Bayern kaum Belege gibt, ist auch nicht überraschend, dass man solche Vermerke so gut wie nie sieht. Aus Schleswig-Holstein existieren dann sicherlich weniger!


    Bei Deinem Brief ist dann zu vermuten, dass der Schlüssel mitwog und vielleicht sogar nur deshalb für die 2.Gewichtsstufe frankiert werden mußte?


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,


    du kannst davon ausgehen, dass alle Briefe mit ihren Schlüsseln zusammen gewogen worden waren, weil wohl kaum keiner seinen Schlüssel außen am Brief befestigte.


    Ob meiner wegen des Schlüssels schwerer war, muss dahin gestellt bleiben - ohne Inhalt kann man alles und nichts beweisen.


    Ich bin mir auch sicher, unsere anderen Forumskollegen werden keine Massen mit diesem Vermerk auftreiben können, so es überhaupt für alle AD - Staaten Briefe mit diesem Vermerk heute noch gibt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    Hallo die Runde


    Ich habe dieser Thread hierher kopieren lassen, weil vielleicht nicht alle der SHL Ordner lesen will. Ursprungthread bleibt wo er ursprünglich eingestellt war. Hoffentlich ist es ok so. :)


    Wenn nicht sag bitte Bescheid per PN


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    vielen Dank! :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo Nils,


    ich kann mir gar nicht vorstellen, dass jemand nicht den "SHL Ordner lesen will" ;( ;)


    Aber hier ist das Thema auch gut aufgehoben und vielleicht findet sich so eher jemand von den anderen AD Experten, der dazu noch etwas beitragen kann. Das "Schlüsselproblem" muss es doch auch in Preußen und anderen Ländern gegeben haben ...


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo,
    vielleicht gab es die Portoermäßigung bei gleichzeitiger Aufgabe eines Koffers als Paketsendung zur Versendung der Kofferschlüssel.
    Bei Paketbegleitbriefen in Sachsen war in dem Fall die Aufschrift " Inliegend Schlüssel" wohl Vorschrift, um Nachtaxierungen zu vermeiden.
    Postordnung 1840:
    Beste Grüße Bernd

  • Hallo Bernd,


    die sächsischen Postordnungen von 1850 und 1859 enthalten ähnliche Bestimmungen. Dabei geht es immer um Begleitbriefe von Fahrpostsendungen. Offenbar war es üblich, auf diese Weise koffer zu versenden, deren Schlüssel dann im Begleitbrief untergebracht wurde.


    Mit der Briefpost zu befördernde Sendungen ohne begleitende Fahrpostsendung mit einem solchen Schlüsselvermerk kenne ich sowohl als innersächsische als auch als Auslandssendungen nach Preußen. Möglicherweise besitze ich sogar welche, kann sie aber wegen meiner Ordnung nach Postorten nicht auf die Schnelle finden.


    Denkbar wäre, daß die Unterscheidung zwischen Briefpostsendung und Fahrpostbegleitbrief nicht klar erkannt wurde und deshalb der Vermerk auch auf ersteren angebracht worden ist.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Liebe Sammelfreunde


    letztes Wochenende habe ich in der Bucht einen größeren Briefposten erstanden, welche aus einer Familienkorrespondenz stammen. Darin befand sich einer vom 18.07.1863 aus Magdeburg gesendet an "Herrn S.A. Goedecke adr. Herrn Pastor Langenlen Görzke by Ziesar". Interessant hier ist, dass "Anhängend 1 Schlüssel" war. Der Brief wog 1 Loth und lag somit in der zweiten Gewichtssufe und ersten Entfernungsstufe, wofür 2 Sgr. bar bezahlt worden.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Ulf,


    Glückwunsch zu dieser Pretiose - Briefe mit Schlüsseln (anhängend seltener, als einliegend nach meiner Beobachtung) sind Schmankerl, von denen ich bei ganz AD nur ein Dutzend kenne.


    Oft war es so, dass der Empfänger sich einen Zweitschlüssel nachschicken ließ, weil er seinen verloren hatte (dazu passt auch die Adresse bei deinem Brief).

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch


    einen Anhängenden Schlüssel habe ich noch nicht vorher gesehen. Der Brief hat zwar einen Inhalt, jedoch habe ich nichts zum versendeten Schlüssel gefunden, was sehr schade ist.


    Mit freundlichem Sammlergruss


    Ulf

  • Lieber Ulf,


    im Forum hier habe ich, da bin ich mir ziemlich sicher, mal 1 - 2 Briefe gezeigt, wenn ich nicht irre, aber sehr selten sind solche Briefe ja auf alle Fälle, denn eine Portomoderation war damit ja nicht gegeben, man wollte halt der Post gegenüber nur andeuten, dass nichts von Wert in dem Brief lag (oder angehängt worden war), sonder es nur ein wertloser Schlüssel war, den man eingetütet hatte. Nicht dass noch ein Postler frevelte und dachte, das wäre Goldschmuck, oder Geschmeide ...

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.