Transitland Schleswig Holstein

  • Hallo allerseits,


    aufgrund der geographischen Lage von Schleswig Holstein wurden viele Briefe von und nach Skandinavien durch die Herzogtümer befördert. Hierbei wurde der Landweg nach Dänemark oder - mit zunehmenden Schiffsverbindungen - auch der Seeweg benutzt. Die hauptsächliche Schiffsroute lief über Kiel. Vielfach hinterliessen diese Transitbriefe keine Spuren - in Form von schleswig-holsteinischen Stempeln.


    Zu diesem Thema möchte ich heute einen ersten Brief zeigen, würde mich aber freuen, wenn auch entsprechende Belege anderer Sammler gezeigt werden. Da das Thema recht breit angelegt ist, müsste doch etwas zusammenkommen :)


    Der anhängende Brief lief 1859 von der Lombardei nach Dänemark.
    Eigentlich hätte der Brief von Mailand bis Hamburg als reiner Postvereinsbrief laufen können, aber anscheinend wurde er - trotz eines fehlenden Leitvermerks - über die Schweiz geschickt. Vielleicht war dieses die Regel, wenn die Beförderung dadurch schneller erfolgte?
    Daher ergibt sich folgendes Porto, das in unterschiedlichen Währungen notiert ist:
    1 Sgr. = Schweiz
    3 Sgr. = Postverein
    2 Sgr. = Dänemark.


    Ergänzungen und Korrekturen sind willkommen.


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,


    der Brief war nach Postabgang aufgegeben worden: Dopo la partenza = Nach Abgang. Daher war er für die Route über Innsbruck - München - Frankfurt - Kassel - Hamburg nicht ohne einen Tag Zeitverlust abzuspedieren. Also sandte man ihn, mit einem Tag Zeitgewinn im Vergleich zur Innsbrucker Route mindestens, über die Schweiz ab, was aber auch üblich war ab dem 1.10.1852 bzw. dem 15.10.1852, je nach Vertragsauslegung. Gerade bei Portobriefen war dies der Aufgabepost egal, da der Empfänger im fernen Dänemark das Porto zu tragen hatte und wenn er das nicht wollte oder konnte, dann hätte man das Retourporto eben vom Absender eingezogen.


    Durch die Leitung über die Schweiz wurde es aber trotzdem KEIN Auslandsbrief für das Postgebiet des DÖPV dahin gehend, weil bei gewöhnlichen Auslandsbriefen die erste "deutsche" Poststelle nach dem Ausland (Schweiz) das Postvereinsporto zu beziehen hatte - hier wäre das Baden gewesen, was man an dem badischen Bahnpoststempel erkennen kann. Tatsächlich stand das Porto von 9 Kr. im Postverein aber allein Österreich zu, welches auch die 3 Kr. Transitgebühr für die CH erhielt und diese auch später an die CH bezahlen musste.


    Ein Portozuschlag für das Gebiet des Postvereins kam nicht in Ansatz, weil das Zielland Dänemark war und der Postvertrag zwischen Preußen und Dänemark galt, wodurch Österreich an Baden, Taxis und Hannover/Braunschweig Transitkosten zahlen musste, wodurch Österreich von den kassierten 9 Kr. nur noch ca. 5 Kr. netto übrig blieben.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch


    P.S. Danke für das Eröffnen dieses Threads! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    Einmal editiert, zuletzt von bayern klassisch ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht


    Dein Thema hier finde ich aussergewöhnlich interessant. Ich habe mich mehrmals gefragt, wie die Laufwege durch Schleswig-Holstein waren. Welcher Richtungen haben die Briefe von oder nach Hamburg genommen, war Hamburg einzige Laufwegsmöglichkeit? Wie hat es sich durch die Zeit geändert, um nur einige Fragen nach vorne zu bringen. Leider ist mein Wissen eher gering :(


    Als Anfang zeige ich hier einen Brief der durch S-H gelaufen war, und dann von Hamburg aus Richtung Norwegen. Der Brief ist schon mal gezeigt geworden im 1 Jahr Feier Thread. Absenderland war Bayern und Jahr war 1847.


    Ich habe zuerstmal eine Frage zu dem Stempel K.DÄN.O.P.A. Hat dieser Stempel nur ein kurzer Lebenszeit gehabt? Und falls, weiss du warum?


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    da es 1847 noch keine regelmäßige Schiffsverbindung zwischen Hamburg und Norwegen gab, dürfte Dein Brief über Schleswig-Holstein/Dänemark gelaufen sein. Vermutlich auf dem Landweg, da die Schifffahrt im Januar häufig wegen des Eises unterbrochen war.


    Der Stempel "HAMBURG K.DÄN.O.P.A." wurde Mitte der 1840er Jahre angeschafft als das dänische Postamt in Hamburg zum Oberpostamt wurde. Verwendet wurde er bis zur (vorübergehenden) Schließung des Oberpostamtes zu Beginn der Schleswig-Holsteinischen Erhebung (1848 ). Danach wurde der Stempel durch einen neuen Typ ersetzt: "K.D.O.P.A. HAMBURG".


    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht


    Danke für die Antwort. Kann man etwas über den Laufweg sagen? War es mit dem Zug nach Rendsburg und dann weiter nach Kolding-Middelfart? Eine Schiffsverbindung Kiel-Kopenhagen war wohl auch möglich wenn die Ostersee nicht zugefroren war? Und dann die restliche Strecke mit Reitpost?


    Viele Grüsse
    Nils

  • Hallo Nils,


    den Laufweg kann man nicht mit Sicherheit beschreiben, da er auch vom Datum bzw. den Wetterverhältnissen im Winter abhing.


    Da Mitte des 19.Jahrhunderts eine regelmäßige Schiffverbindung zwischen Kiel und Korsör (vorher auch schon zwischen Kiel und Kopenhagen) bestand, wurde die Post vermutlich bevorzugt hierüber verschickt - zumal auch bereits eine Bahnstrecke zwischen Kiel und Altona eingerichtet war, welche eine schnelle Anlieferung bzw. Weiterbeförderung der Post bis Kiel bzw. ab Kiel garantierte.


    War der Winter streng, was damals noch die Regel war, erfolgte die Beförderung auf den alten Landrouten. Die Hauptstrecke Hamburg-Kopenhagen lief über Itzehoe, Rendsburg, Flensburg, Hadersleben, Assens, ... Hier sind Postkutschen im Einsatz gewesen. Es gab sogar auch spezielle Wagen zur Briefbeförderung, die so konstruiert waren, dass keine Passagiere mitgenommen werden konnten: "Kugelpostwagen".


    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nordlicht


    Hier muss man also in den Literatur suchen, und dann vielleicht eine Schiffsverbindung bestätigen können. Oder umgekehrt.
    Interessant ist es ;)


    Viele Grüsse
    Nils

  • Guten Morgen,


    dieser Portobrief wurde 1860 in Leer (Hannover) im Zug aufgegeben und mit der Postvereinstaxe ("3" Silbergroschen / Groschen) nach Hamburg taxiert. Dort übernahm das dänische Postamt, das für die Beförderung nach Norwegen zuständig war, und rechnete in "4" Schilling Courant um.
    Die Weiterleitung erfolgte mit einer Schiffsverbindung über Kiel.
    Inklusive des dänischen Anteils, des Seeportos, des norwegischen Anteils und des Bestellgelds hatte der Empfänger insgesamt "25" Skilling Species zu bezahlen.


    Frohe Ostern
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,


    wunderschöner Brief - da kann man nur gratulieren, hier stimmt alles! :P


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo,


    dieser Paketbegleitbrief wurde 1862 von Kassel - auf dem Landweg durch Holstein und Schleswig - nach Dänemark befördert.
    Das Porto setzt sich aus dem Fahrposttarif des Postvereins und dem innerdänischen Fahrposttarif zusammen.


    Besonders interessant finde ich, dass es sich hier um einen echten PostVORSCHUSS handelt, also der Absender den Rechnungsbetrag für die versandten Augenduschen (?() bereits bei der Briefaufgabe ausgezahlt bekommen hat.
    Die internationalen (Post-)Beziehungen waren also offenbar schon recht verlässlich ...


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Guten Morgen,


    dieser Brief wurde 1847 in Batavia (Niederländisch-Indien) aufgegeben und lief über Singapur, ..., Suez, ..., Gibraltar und Southampton nach Dänemark.
    Per Postvertrag zwischen England und Dänemark wurde die Post zwischen diesen beiden Ländern nicht (mehr) über Hamburg, sondern über Altona (Holstein) ausgetauscht.


    Bei der Beschreibung dieses Briefes war kibitz bereits sehr behilflich.
    Klar ist, dass der Brief zuerst nach Singapur lief, um dort mit einem englischen Schiff weiterbefördert werden zu können. Daher wurde der Brief auch ab Singapur in Porto gesetzt, aber anscheinend für die Strecke Batavia bis Singapur bar frankiert. Die Höhe dieses Teilfrankos ist noch nicht sicher (vermutlich 25 niederländische Cent, vielleicht aber auch 60 Cent?).
    Vielleicht hilft für die Interpretation ab Batavia der Stempel "ZEE BRIEF FRANCO" weiter.
    Kennt jemand diesen Stempel und kann Informationen dazu geben?


    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo nordlicht,


    was für ein interessanter Laufweg um die halbe Welt. Glückwunsch zu diesem tollen Brief.


    Wenn gesichert ist, dass er über Singapur und dann mit englischen Schiffen gelaufen ist, könnte ich mir vorstellen dass er bis Alexandria barfankiert war, dies war auf dem entgegengesetzen Weg auch so.


    Der Stempel "Zee Brief Franko" gab es auch noch von anderen holländischen Städten in Niederländisch-Indien, wie z.B. Soerabaya. Diese Stempel sollten wahrscheinlich nur den Weitertransport aus Niederländisch-Indien mit englischen oder holländischen Schiffen dokumentieren.


    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Christian,


    vielen Dank für die Anmerkungen zu dem Brief!


    Aufgrund der Taxierung und des rückseitigen Singapur-Stempels (keine weiteren, abgesehen vom englischen Ankunftstempel und dem Transistempel von Altona) halte ich es für ziemlich gesichert, dass der Brief ab Singapur in Porto gesetzt wurde.
    Jetzt müßte man nur noch jemanden finden, der sich mit Post aus Niederländisch Indien bzw. diesem Franco-Stempel auskennt, um die letzten Lücken in der Beschreibung zu schließen. Vielleicht war der Brief grenzfrankiert bis zum nächsten englischen Hafen aufzugeben und der Stempel dokumentiert dieses ...


    Viele Grüße
    nordlicht