preußische Post auf fremdem Staatsgebiet

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    es gab kleinere Staatsgebilde, in denen ausnahmsweise nicht Thurn&Taxis das Postregal innehatte, sondern die preußische Post.
    Der folgende Brief stammt aus einem solchen Gebiet:



    Der Brief lief im Jahre 1855 von Pyrmont in das gerade mal 2 Meilen entfernte Blomberg (Fürstentum LIppe-Detmold) - berührte dabei aber 3 Staatsgebiete.


    Die Stadt Pyrmont gehörte zum Fürstentum Waldeck-Pyrmont. Dieses Fürstentum bestand aus 2 räumlich getrennten Landesteilen, der Grafschaft Waldeck und der wesentlich kleineren Grafschaft Pyrmont.
    Dieses kleine Fürstentum war für die preußische Post (in der Voreisenbahnzeit) von strategischem Interesse, da man eine sichere Verbindung zwischen den östlichen und den 1815 hinzugekommenen neuen, westlichen preußischen Provinzen suchte. Der Transitpostkurs sollte von Köln über Arolsen (in Waldeck) nach Cassel und Halle führen. Im Fürstentum Waldeck-Pyrmont hatte Thurn&Taxis das Postregal mit Auflösung des Königreichs Westfalen zunächst auf 20 Jahre erhalten. 1834 (mit Auslauf des 20-jährigen Vertrags von 1814 zwischen Waldeck und Thurn&Taxis) gelang es preußischen Unterhändlern in Geheimverhandlungen mit Waldeck das Postregal zu übernehmen - was zu mehrjährigen Verstimmungen und Drangsalierungen zwischen Thurn&Taxis und der preußischen Post in diesen Gebieten führte, die erst mit dem beiderseitigen Vertrag von 1840 ausgeräumt wurden.
    Finanziell war die postalische Betreuung dieses Fürstentums immer ein Zusatzgeschäft.


    Aus den gleichen Beweggründen hatte die preußische Post in Lippe-Detmold Fuß gefasst. Hier bestanden aber preußische Postanstalten neben lippeschen und taxis'schen. Mit der Fertigstellung der Eisenbahnverbindung von Minden nach Magdeburg verlor Preußen das Interesse an seinen Poststationen im Lippeschen - da auch diese ein Zuschußgeschäft waren - und übergab diese in einem Vertrag 1845 an Thurn&Taxis.


    Zwischen beiden Fürstentümern lag die Stadt Lügde, ehedem zur Grafschaft Pyrmont gehörig, ab 1802 bzw. dann wieder ab 1815 preußisches Territorium, ohne direkte Verbindung mit anderen preußischen Landesteilen (aber mit preußischem Postamt).


    Nun zu dem eigentlichen Brief.
    Von Pyrmont, Fürstentum Waldeck-Pyrmont, lief der Brief nun nicht die direkte Strecke in das benachbarte Blomberg, sondern auf einem preußischen Postkurs über das preußische Lügde nach Rischenau in Lippe-Detmold.
    Rischenau war ein Wechselpunkt, da der preußische Postkurs Höxter-Minden sich hier mit dem thurn&taxis'schen Postkurs Richtung Lemgo-Rinteln traf.
    Heute ist Rischenau ein Stadtteil von Lügde.
    Mehr ist eigentlich nicht zu dem Brief zu sagen: 1 Sgr. Porto für die Entfernungsstufe bis 10 Meilen ...


    Zur Verdeutlichung anbei noch eine Karte:


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    Zitat

    Mehr ist eigentlich nicht zu dem Brief zu sagen: 1 Sgr. Porto für die Entfernungsstufe bis 10 Meilen ...


    toll, was du aus diesem recht unscheinbaren Briefchen heraus geholt hast - immer wieder interessant, was der Postverein (und die Zeit davor natürlich) an feiner PO zu bieten hat.


    Danke fürs zeigen und liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    dem lieben Magdeburger verdanke ich den folgenden kleinen Brief, der ebenfalls aus dem Fürstentum Waldeck-Pyrmont stammt:



    Der Brief wurde 5.6.(1851/53) in Pyrmont an den Herrn Pastor Crome Hochehrwürden in Rade vorm Wald, Kreis Lennep, Rheinprovinz geschrieben.
    Nach Zuleitung über lippesches Territorium wurde er am Folgetag über die Eisenbahnstrecken Paderborn-Hamm und Dortmund-Elberfeld transportiert.
    Von Elberfeld ging es dann per Kutsche ins Bergische Land nach Radevormwald. Zustellung dort am 7.6.
    Interessant an den Kursstempeln ist die Angabe des 3. bzw. 4. Zuges an diesem Tag. Ein schon recht reger Verkehr.


    Es fielen 3 Sgr. Porto für den einfachen Brief > 20 Meilen an.


    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    das
    Oldenburgische Fürstentum Birkenfeld
    bildete eine linksrheinische Exklave des Großherzogtums Oldenburg.



    Das Gebiet war als Entschädigungsleistung auf dem Wiener Kongreß Oldenburg zugeschlagen worden. Das Postregal war 1817 an Thurn & Taxis übergeben worden.
    1834 verkaufte der Herzog von Coburg-Sachsen-Saalfeld das benachbarte Fürstentum Lichtenberg (Hauptorte St. Wendel und Baumholder) gegen eine jährliche Rente von 80.000 Talern an Preußen. In diesem Fürstentum hatte bis dahin auch Thurn & Taxis das Postlehen inne. Durch diese Änderung war nunmehr die Taxis-Post in Birkenfeld ringsum von preußischer Post umgeben. Im Jahre 1837 lief der auf 20 Jahre befristete Vertrag zwischen Oldenburg und Thurn & Taxis aus. Er wurde nicht verlängert und das Postwesen an Preußen übergeben.





    Der Brief wurde am 5.7.(1859 oder später) in Köln aufgegeben und war nach
    Idar bei Oberstein
    Oldenburg Birkenfeld
    adressiert.


    Die Freimachung erfolgte mit einem 1 Sgr.-Couvert (U11a) und einer Zusatzfrankatur von 1 Sgr. (Mi.-Nr.10a) zu insgesamt 2 Sgr. für die Entfernung bis 20 Meilen.
    Der Brief war in Idar nicht zustellbar, der Briefträger notierte nicht in Idar, weggezogen nach ...(?)
    Außerdem strich er das "bei" vor Oberstein und notierte ein in darüber.
    Dorthin wurde der Brief gegen ein Landbestellgeld von 1 Sgr. (Blaustrich) gebracht und noch am selben Tag zugestellt, siehe rs. beide Ausgabestempel.


    Viele Grüße
    Michael

  • Liebe Sammlerfreunde,




    folgenden Brief möchte ich zeigen:


    Barfrankierter Brief (fr. 1 Sgr.- bis 1 Loth bis 10 Meilen) von Nohfelden (Preußische Postanstalt im Fürstentum Birkenfeld zum Großherzogtum Oldenburg gehörig), nach Annweiler in der Pfalz (Bayern) vom 14.4.1852.
    Adreßseitig Durchgangsstempel von Neunkirchen an der Saar, Homburg und Zweibrücken, sowie Ankunftsstempel von Annweiler.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,


    auch wenn heute Abend Pälzer wegen deiner Rosine schlechter schlafen wird, als ich ( :D ), kann man dir dazu nur graulieren - genau 10 Meilen Entferung hat man nicht allzu oft im Postverein gehabt, klasse!

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Michael,


    "nicht in Idar ???, vielleicht in - Oberstein - ".


    Zuerst hat man versucht, ihn in Idar zuzustellen, dann in Oberstein, wo der Empfänger auch war (s. 2. D-Stempel).

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgender Brief von Pyrmont (Fürstentum Waldeck-Pyrmont / preußische Postanstalt) in das nahe Lippspringe (Preußen) vom 17. August 1851. Der Brief durchlief das Fürstentum Lippe-Detmold und kostete dem Empfänger 1 Sgr. Porto und 1/2 Sgr. Ortsbestellgeld in Lippspringe (siegelseitig vermerkt).


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Der größte Teil des in Thüringen liegenden Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt gehörte zum Postgebiet von Thurn und Taxis. Nur drei im preußischen Staatsgebiet liegende Enklaven gehörten zum preußischen Postbezirk. In diesen Enklaven befanden sich 2 Postanstalten: Frankenhausen und Schlotheim.


    Die Karte stammt übrigens von der Seite http://www.ieg-mainz.de.


    Anbei ein Nummernstempelbrief aus dem Jahr 1851 mit dem vorphilatelistischen Aufgabestempel FRANKENHAUSEN.

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,


    seit 1713 gab es einen Postvertrag zwischen Preußen und dem Fürstentum Anhalt-Bernburg, die die Ausübung aller Postrechte auf Preußen übertrug. Der Vertrag hatte 10 Jahre Laufzeit, der regelmäßig verlängert und nach der französischen Herrschaft erneuert wurde.


    Die erste Karte aus dem 18. Jahrhundert zeigt das Fürstentum Anhalt-Bernburg in dunkelblau, das benachbarte Fürstentum Anhalt-Cöthen in rosa. Dieses fiel nach Erlöschen der Herrscherlinie 1847 an Anhalt-Bernburg. Beide Fürstentümer wurden 1806 mit der Rheinbundakte zu Herzogtümern erhoben.



    1863 erlosch seinerseits die Herrscherlinie von Anhalt-Bernburg und das Territorium wurde mit Anhalt-Dessau zum Herzogtum Anhalt mit der Hauptstadt Dessau vereinigt.



    Das folgende Briefchen an Frau Julie Rabe in Ballenstaedt stammt noch aus der Zeit des Herzogtums Anhalt-Bernburg.



    Mit 1 Sgr. (Nr. 6a) korrekt bis 10 Meilen frankiert für die Strecke bis ins ebenfalls bernburgische Ballenstaedt, wobei ein preußischer Korridor zu überbrücken war. Die Zustellung erfolgte am Folgetag mit dem 1.Bestellgang.

    Der Aufgabestempel BERNBURG STADT ist auffällig, da es nur wenige Orte gab, die bei nur einem Ortspostamt die Unterbezeichnung Stadt im Stempel führten. Bernburg hatte seit 1846 einen Bahnhof, der den Endpunkt der Eisenbahnlinie aus Cöthen bildete. Die Streckenverlängerung über Bernburg hinaus nach Aschersleben wurde erst 1865 fertig gestellt. Im Bernburger Bahnhof gab es ebenfalls ein Postbüro, das den Stempel BERNBURG BAHNHOF führte, aber anscheinend der Bahnpost unterstand. Münzberg führt für Bernburg in preußischer Zeit nur 1 Postamt auf.


    Gruß

    Michael

  • Lieber Michael,


    schöner Brief, feiner Beitrag und toller Hintergrund - vielen Dank dafür. :):)

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Liebe Sammlerfreunde,


    hierzu folgender Brief: Barfrankierte Briefhülle (Franko 2 Sgr.) von Mariahütte, jetzt Ortsteil von Braunshausen. Aufgegeben am 20. Juni 1850 im 17 km entfernten Birkenfeld (Preußisches Postamt im Fürstentum Birkenfeld, zum Großherzogtum Oldenburg gehörig), mit Stempel BIRKENFELD, nach Bissen bei Luxemburg. Siegelseitig Stempel LUXEMBOURG 22. Juni 1850, an den Direktor Christian Schleicher vom Hüttenwerk Bissen. Die Taxierung in Luxemburg kann ich nicht deuten.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,


    ein Sensationsbrief - klasse! Ich denke 2 Sgr. war das korrekte Franko und rechts wurde nur Fr für Franco geschrieben, also keine Nachtaxe.

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Ralph,


    herzlichen Dank.

    11 Tage später ab 1. Juli 1850 galten die Tarife des DÖPV. Preußen war Gründungsmitglied. Aber Luxemburg trat erst am 1. Januar 1852 dem DÖPV bei. Bis zum 31. Dezember 1851 war also zwischen Preußen und Luxemburg noch die Vorphilazeit.


    Liebe Grüße,

    Hermann

  • Liebe Sammlerfreunde,


    bei preußischen Briefen, denke ich, findet man nicht oft Briefe, bei denen das Bestellgeld vorausbezahlt wurde. Bis 3. August 1837 hatte das Fürstentum Birkenfeld einen Postlehensvertrag mit Thurn und Taxis und ab 4. August 1837 mit Preußen. Hierzu folgender Frankobrief "frei mit Bestellgeld" 1 1/2 Sgr.) aus Vollmersbach vom 29. Mai 1858, aufgegeben in Idar am 30. Mai, nach Birkenfeld. Ankunftsstempel vom 31. Mai. Alle genannten Orte lagen im Fürstentum Birkenfeld.


    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber Hermann,


    kaum zu glauben, was du so alles an Land ziehst - sensationell. :thumbup::thumbup::thumbup:

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.