Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Ich habe einmal Kriegsgefangenenbriefe aus Paris in deutsche Gefangenenlager registriert. Neben den korrekt frankierten kenne ich eine große Anzahl unzureichend frankierter Briefe, die sogar den "P.D."-Stempelabschlag aufweisen.

    Hallo 1870/71, hallo Emmanuel,


    in Bezug auf die reguläre Tarifsituation habe ich keinerlei Zweifel daran, daß Ihr recht habt. Immer skeptisch bin ich allerdings, wenn in relevanter Zahl vorkommende Abweichungen von einer Regel schlicht als "zufällig" oder "Unterfrankatur" und somit unbeachtlich abgetan werden. Häufig genug ist es nach meiner Erfahrung in anderen Bereichen vorgekommen, daß tatsächlich eine korrekte Behandlung stattfand, deren Grundlage nur nicht bekannt war.


    Wenn es eine "große Zahl" unzureichend frankierter Briefe gibt, sollte das Anlaß sein, diese Tatsache als "ungeklärt" im Auge zu behalten und eben nicht als "zufallsbedingt" zu betrachten. Die Postgeschichte hält immer wieder Überraschungen bereit.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Hallo Altsax,


    du hast im Prinzip natürlich recht! Im konkreten Fall sind Emammanuels bzw. meine Aussagen jedoch hieb- und stichfest.


    Es hat keine Moderation für Drucksachen gegeben und dein Brief hätte korrekt mit 50 C. frankiert werden müssen!


    Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 hat es bei der französischen Post viele Irretationen gegeben. Viele angebliche Forscher begehen den Fehler, in diese zu viel hinein zu interpretieren und erfinden abenteuerliche Geschichten.


    Gruß


    1870/71

  • Hallo Altsax,


    Du sollst wissen, daß Frankreich eine zentralisiertere Verwaltung hatte als heute und daß es keine Ausnahmen auf dem Gebiet der Posttarife gaben. Außerdem findet man keine "neue" französische Posttarife seit langem schon.
    1870/71 hat viele unterfrankierte Briefe gesehen, habe ich viele Briefe gesehen, an denen gewisse Marken fehlten. Man wird wahrscheinlich niemals kennen, was mit deinem Brief geschehen ist. Man kann genau nur spekulieren.


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Viele angebliche Forscher begehen den Fehler, in diese zu viel hinein zu interpretieren und erfinden abenteuerliche Geschichten.

    Hallo 1870/71,


    auch darin sind wir völlig einig. Die Skepsis gegenüber der einfachen "Zufall"-Lösung darf nicht dazu führen, nicht zu begründende Annahmen als "Problemlösung" darzustellen.


    Wie sah denn eigentlich die vertragliche Aufteilung des Francos zwischen den beteiligten Postverwaltungen aus? Behielt jede ihre Einnahmen, oder mußte von jedem Brief ein Teil des Francos an die transitierende bzw. die des Bestimmungslandes abgeführt werden? Sollte Letzteres der Fall gewesen sein, sind Unterfrankaturen in größerer Zahl umso rätselhafter, weil in diesem Falle ja Einzelaufstellungen hätten angefertigt werden müssen.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Hallo Altsax und 1870/71,
    Hier ist ein Auszug des Dekretes der Regierung der nationalen Verteidigung (Paris) vom 27. September 1870 (Zusätzlich Amtsblatt n°28, July 1871, S.41):
    "Die geschlossenen Briefe, die das Publikum per "Ballon Monté" senden wollte, werden auf die Adresse die Erwähnung " par ballon monté " tragen. Das Franko wird, nach den gegenwärtig gültigen Tarifen, ebenfalls obligatorisch sein, sowohl für Inland als auch für den Ausland. Das Gewicht sogenannt Briefe wird 4 g nicht überschreiten sollen.
    Falls alle versammelten Briefe mit dem abfahrbereiten Ballon nicht gesandt sein könnten, wird den Vorzug den leichtesten Briefen gegeben sein."

    Emmanuel


  • Hallo Altsax,


    der Postaustausch zwischen den deutschen Staaten und Frankreich lief bis zum deutsch-französischen Postvertrag vom Mai 1872 nach den Bestimmungen der bestehenden Verträge.


    Es gibt jedoch eine Ausnahme. Am 28. Januar 1871 wurde das Versailler Waffenstillstandsabkommen geschlossen, dessen Artikel 15 einen Postaustausch zwischen Paris und den besetzten Gebieten oder dem Ausland regelte. Beide Vertragspartner erhoben ein Franko von 20 C. für den gewöhnlichen Brief. Ausreichend nach den deutsch-französischen Postverträgen frankierte Briefe aus dem Deutschen Reich wurden in Paris ebenso mit einer Taxe von 20 C. belegt.


    Ich zeige dir im Anhang einen meiner Belege die nicht häufig, da nur vom 5.2. bis 23.3.71 möglich, sind. Der Brief erhielt keinen PD-Stempel, da er aus französischer Sicht nur bis zur Pariser Stadtgrenze frankiert war.


    Gruss


    1870/71


  • Ich zeige dir im Anhang einen meiner Belege die nicht häufig, da nur vom 5.2. bis 23.3.71 möglich, sind. Der Brief erhielt keinen PD-Stempel, da er aus französischer Sicht nur bis zur Pariser Stadtgrenze frankiert war.


    Hallo 1870/71,
    Wenn der Brief sogar das Stempel " PD " zu tragen hätte , hätte Frankreich ein Nachgebühr von 20 c vereinnahmt, weil das im Artikel 1 der Konvention Rosshirt-Rampont am 3. Februar 1871 geschrieben war.
    Rampont wiederholt diese Anweisung in seiner Bekanntmachung vom 4. Februar 1871:
    "In Paris wird für alle eingehenden einfachen Briefe gleichgültig ob sie aus den feindlich besetzten Gebieten oder dem Ausland stammen, frankiert oder unfrankiert, eine Nachgebühr von 20 c erhoben...."
    Das war das Prinzip des Doppelportos : jede Postverwaltung ließ das Porto bis zur Grenze ihres Territoriums bezahlen und so behielt das Porto für sie. Das vermied die Abzüge und die Kompensationen am Ende des Rechnungsjahres.
    Die erste Briefe sind in Paris am 6. Februar eingetreten. Man kennt einige ein vom 1. Februar, sie sind selten.
    Emmanuel.

  • Hallo Altsax,


    ich möchte noch einmal auf deinen Ballonpostbrief nach Sachsen zurückkommen.


    Auf der 32. Roumet-Auktion vom Februar 2013 wurde ein ähnlicher Brief vom 5. Oktober 1870, ebenfalls an die Leipziger Zeitung, korrekt frankiert mit 50 C. angeboten.


    Besten Gruß


    1870/71

  • Hallo 1870/71,


    mit gleichem Absender und Adressaten existieren noch weitere Briefe, soweit mir bekannt, alle mit 50 C frankiert. Möglicherweise hat die niedrigere Frankatur in diesem Falle etwas mit dem vorgesehenen Landeplatz dieses Ballons zu tun? M.W. sollte er in Belgien landen. Wenn Brockhaus dort einen Korrespondenten hatte, der die Weiterleitung hätte besorgen können.........
    Klingt etwas weit hergeholt, aber mein Glaube an Zufälle in der Postgeschichte ist nicht sehr ausgeprägt.


    Beste Grüße


    Altsax

  • Hallo Altsax,


    du schreibst "m.W. sollte er in Belgien landen".


    Kannst du mir deine Literaturquelle verraten oder war deine Aussage reine Spekulation?


    Gruss


    1870/71

  • Hallo Altsax,


    Damals wie heute war es sogar unmöglich oder sehr schwer, den Landeort eines Luftballons vorzusehen. Die Winde waren mit den Kenntnissen der Epoche unvorhersehbar.
    Vorsehen, daß ein Ballon in Belgien gerade landen wollte und einen Brief dementsprechend frankieren, war meiner Meinung nach unmöglich.
    Die französische Post betreffend (und auch die Ballons) in 1870-71, also ein interessante Arbeit von François Fréderic Steenacker, dem Generaldirektor der Post-und-Telegraphenverwaltung während des Krieges 1870-71.
    Auf Französich:
    http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k220903s
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Liebe Emmanuel,


    du hast völlig Recht, eine Landeort konnte niemals vorbestimmt werden!


    Es hat einzelne Versuche gegeben, Ballonpost in die belagerte Festung Paris hineinzutransportieren.


    Kannst du etwas dazu schreiben?


    Gruß


    1870/71


  • du hast völlig Recht, eine Landeort konnte niemals vorbestimmt werden!


    Es hat einzelne Versuche gegeben, Ballonpost in die belagerte Festung Paris hineinzutransportieren.


    Kannst du etwas dazu schreiben?


    Ja! habe ich schon etwas dazu geschrieben.
    http://www.altpostgeschichte.c…ad&postID=20433#post20433
    Am 9. Januar 1871 flog der Ballon Duquesnes von Paris ab. Er war mit einer Luftschraube ausgerüstet, um leichter geleitet zu sein. Der Erfinder des Systems hatte gesagt, daß dieser Ballon ebenso leicht zufahren sollte, "wie ein Boot auf einem ruhigen Teich". Es war vorgesehen, daß der Ballon auf die Schweiz zufährt und darin landet. Tatsächlich ist er in Ste Menehould (Marne), in der Mitte der deutschen Linien gelandet.
    Am Anfang wurde beschlossen, zu versuchen, in Paris zu landen, aber es war zu kompliziert. Man hat dann beschlossen, um die Post zu werfen, sobald der Ballon ging über Paris.
    Andere Ballons sind vorbereitet gewesen, um nach Paris zu fliegen (Le Jean Bart, La Ville de Langres, La République Universelle), sondern keiner ist gelungen, Paris zu erreichen.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Altsax,


    deine Literaturquelle wurde dem Büchlein von Günther Heyd "Die Ballons von Paris 1870-71" entnommen.


    Die Passage auf Seite 41 "Es sollte vier Insassen mit wichtiger Post nach Brüssel bringen" kann aus vielerlei Gründen nicht die fehlende 10 Centimesmarke erklären.


    Nehmen wir jedoch einmal an, der Absender hätte von den Plänen des "Le General Chanzy" erfahren und den Brief an einen Korrespondenten des Brockhaus in Brüssel schicken wollen, so wäre der Brief anders adressiert und nur mit 30 Centimes frankiert worden.


    Gruß


    1870/71

  • Hallo kreuzer,


    schickes Teil - wer lesen kann, ist klar im Vorteil. :D


    Da hat ein Soldat wohl etwas Kleingeld gebraucht und sich etwas zuschicken lassen. Feldpost als Adresse war klar, denn wo genau der Soldat im Felde lag, wusste man zu Hause nicht und konnte daher auch keine präzise Adresse, wie sie sonst anzugeben notwendig gewesen wäre, anfügen.


    Viele Scheine dieser Art kenne ich nicht und der hier ist qualitativ mit der beste.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber 1870/71,


    phantastisches Stück - nie gesehen und ich ahne zumindest, warum ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.