Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Hallo bayernjäger,


    schönes Stück - ab dem 19.7. ging nichts mehr über die reguläre Grenze. Dein Brief dürfte über Aachen - Belgien gelaufen sein, statt über Saarbrücken - Forbach, wie ehedem, denn der Stempel Prusse - Valenciennes 3 stammt von Paris. Die Laufzeiten sind für diese Zeit üblich; im Frieden ging das einen Tag schneller.


    Seltenes Stück - wer ist der Glückliche?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    der folgende Brief stammt aus Wien und war nach Lyon gerichtet. Das wäre nichts besonderes, auch die Standard - Frankatur von 25 Nkr. für einfache, bis 10g leichte Briefe ist Massenware. Nicht zu Massenware gehört aber ein solcher Brief, wenn man das Datum anschaut: 11.11.1870. Nein, ich meine nicht die Jecken, die ab diesem Datum im Rheinland ihre Souveränität verlieren, sondern die Tatsache, dass es keine reguläre Postverbindung mehr zu diesem Zeitpunkt gab.


    Der Zielort Lyon war nie Kriegsschauplatz. Am 15.11.1870 erreichte er seinen Empfänger, wie innen aus einem Registraturvermerk hervor geht. In dieser Zeit wären 2 oder maximal 3 Tage der Standard gewesen, nun waren es also 4.


    Bayer hatte seine Korrespondenz nach ganz Frankreich ab dem 19.7.1870 über die neutrale Schweiz zu leiten. Wie war das bei Österreich? Der Grenzübergangsstempel Autriche - Strasbourg, die Nummer ist nicht lesbar, sollte aber eine 3 sein, müsste laut meinen Unterlagen in Paris auf den Brief gekommen sein - aber Paris war doch eingeschlossen und über Strasbourg konnte er nicht mehr eine Grenze passieren, weil Strasbourg längst "deutsch" war. http://de.wikipedia.org/wiki/Belagerung_von_Stra%C3%9Fburg


    Demnach müsste er auch über die Schweiz ausgetauscht worden sein - gibt es Argumente dafür oder dagegen?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,
    Die Briefwechsel zwischen Frankreich und Ausland (einschließlich ihre Feinde) war während des Krieges 1870-71 fast normal. Neue Strecken waren gefunden gewesen. Die auf der Beförderung verursachte Verspätung fanden oft in Frankreich wegen der Umorganisierung des Postendienstes statt.
    Hier ist ein Rundenschreiber, das die neuen Postwege zum Bayern, Bade, Luxemburg und Österreich ankündigt:


    "RICHTUNG DER BRIEFWECHSEL FÜR BAYERN, BADE, LUXEMBURG UND ÖSTERREICH.
    Tours, den 20. September 1870.


    Infolge Verbindungsperren mit Paris, die der Sitz des einzigen französischen Grenzübergangspostamt im Vergleich zu Bayern, großen Herzogtum Bade und großen Herzogtum Luxembourg geworden war, sollen die Briefwechsel für diese Länder seit heute und bis zu neuer Ordnung, ausschließlich wie unten geleitet sein:
    Diejenigen für Bayern und Bade, auf dem Postamt von Dijon, das ausnahmsweise in Verbindung mit dem Postamt von München und mit dem Badischen Postamt von Basel gelegt ist;
    Diejenigen für Luxemburg, auf dem Bahnpostamt Paris nach Erquelines, ausnahmsweise in Verbindung mit dem Postamt von Luxemburg gelegt.
    Bezüglich der Briefwechsel für Österreich, sollen sie auf dem Bahnpostamt Mâcon nach Mont-Cenis, heute das einzige Grenzübergangspostamt mit Österreich, ausschließlich geleitet sein.
    Delegierter des Verwaltungsrates,
    A. LIBON
    "
    Grüss aus frankreich.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    vielen Dank für die wertvollen Informationen, die hier nicht zu bekommen sind. Frankreich hat also seine Post nach Österreich über Mont Cenis geschickt - und dann weiter nach Turin, oder wie ging es dann weiter? Die Frage ist, ob auch die Österreicher diese Route genommen haben. Normal war es jedenfalls nicht, denn eigentlich sandte Österreich über Bayern und Baden nach Strasbourg bzw. Forbach bzw. Erquellines und nicht über Turin - Mont-Cenis.


    Für weitere Informationen wäre ich sehr dankbar. :)


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo Ralph,


    Auf diesem Thema kann ich dir leider mehr helfen, man müßte lieber auf der Seite Bayerns oder Österreichs suchen.
    Jedoch kann man sich vorstellen, daß die neuen von Frankreich geschaffenen Postwege auch rechtsgültig für die anderen Länder waren, weil die östlichen französischen Departements besetzt waren und für den Postverkehr geschlossen waren.
    Ich denke, daß für Österreich, es dort mehrere Wege nach jedem Ziel in Frankreich und nach dem Kriegslauf haben sollte. Für die Norddepartements scheint Erquelinnes ein guter Eingangspunkt zu sein. Für die Westdepartements ist Großbritannien auch ein guter Vermittler. Für den Süden von Frankreich, den Schweizer und italienischen Weg sind angemessen.


    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    vielen Dank - sehe ich ähnlich. Belgien kann ich beweisen (Brief aus Russland nach Paris), stelle ich hier ein, wenn er da ist. Leider sind die bayer. Quellen nicht sehr ergiebig. Wir werden weiter zu diesem hochspannenden Thema suchen müssen ...


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Liebe Freunde,


    heute kam ein Briefchen aus Odessa nach Paris bei mir an, bei dem es auf das Datum zu achten gilt.


    Abgesandt wurde es am 16.7.1870 als Portobrief bis 10g, wobei hier der Transit über das Postgebiet des Norddeutschen Bundes verlief - es wäre auch die Leitung über Österreich möglich gewesen.


    Am 20.7. stempelte man bei der Bahnpost Breslau - Berlin siegelseitig und notierte A P 3, was ich für "ausländisches Porto 3 Sgr" erachte, mich aber gerne korrigieren lassen.


    Bei Bayern weiß ich, dass ab dem 19.7.1870 (Kriegserklärung) keine Post mehr den regulären Weg nach Frankreich nahm und über die Schweiz ausgetauscht werden musste.


    Hier bin ich, weil die Post des Norddeutschen Bundes involviert war, unsicher, ob sich dies auch dort so verhielt. Die Leitung müsste aber über Belgien nach Frankreich erfolgt sein, denn der Stempel "PRUSSE § ERQUELLINES" wurde bekanntlich in Paris abgeschlagen, als man das Briefepaket des NDB öffnete. Am gleichen Tag erhielt er noch den Poste Restante Stempel von Paris, womit klar war, dass der Brief zuerst einmal liegen bleiben sollte, bis ihn eine authorisierte Person der Firma Gebrüder Rothschild abholte.


    Der Empfänger zahlte 11 Decimes, die etwa 9 Groschen entsprachen, welche sich die 3 beteiligten Postverwaltungen Russlands, des NDB und Frankreichs aufteilten (gem. des Paragraphen 38 des Vertrages zwischen dem NDB und Frankreich, daher der P. 38 - Stempel).


    Der Absender im fernen Odessa wusste auch etwas über den Krieg zu berichten, wie ich aus dem letzten Abschnitt seines Schreibens "guerre" entnehme. Leider ist mein Schulfranzösisch schon so weit degeneriert, dass ich nicht sagen kann, was der Russe dem Franzosen schrieb. Kann mir einer helfen?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Hallo Ralph,
    Interessanter Brief. Der Durchgang in die Postlagernd-Abteilung von Hauptpostamt Paris, während er vom Spediteur nicht gebetet gewesen ist, ist hier ganz normal. Tatsächlich bekamen die großen Pariser Banken ihre Post direkt im Schalter der Hauptpostamt wieder.
    Bezüglich den Inhalt des Briefes, das ist Französisch, aber ich habe ihn nicht sehr gut verstanden, er soll sich um Börsenkurse handeln.
    Wirklich am Ende des Briefes beunruhigt sich der Spediteur wegen der Kriegserklärung von Frankreich in Preußen.Das sollte für die Geschäfte schlecht sein....
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Emmanuel,


    vielen Dank für die Bestätigung - offenbar wusste man auch in dem weit entfernten Odessa, was die Zeit geschlagen hatte und dass sich ein großer Krieg abzeichnete.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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    • Offizieller Beitrag

    offenbar wusste man auch in dem weit entfernten Odessa, was die Zeit geschlagen hatte und dass sich ein großer Krieg abzeichnete.

    Hallo bayern klassisch


    Eigentlich war Odessa nicht so weit entfernt. In Odessa wusste man wohl besser Bescheid als in manche bayerische Orte, weil man es dort wissen musste. Odessa war so zu sagen central in der Wissenströmung.


    Viele Grüsse
    Nils

    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,


    solche Briefe sind spannend!


    Eine kleine Anmerkung:

    ... (gem. des Paragraphen 38 des Vertrages zwischen dem NDB und Frankreich, daher der P. 38 - Stempel).

    Der P.38.-Stempel basiert auf dem französisch-preußischen Vertrag von 1858 und wurde in der 3.Vertragsperiode ab dem 1.1.1866 für die Portobriefe aus Russland und Polen nach Frankreich eingesetzt.


    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,


    danke für die Ergänzung, aber gehe ich recht in der Annahme, dass die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes alle Postverträge Preußens mit seinen Anrainern übernahm, die zuvor abgeschlossen worden waren? Theoretisch hätte man ja auch die Verträge kündigen können, oder gab es, hier bewege ich mich auf dünnem Eis, in den Verträgen Klauseln, die staatsrechtliche Änderungen widerstanden?


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Lieber Michael,


    so lange uns keiner das Gegenteil beweist, halte wir an unserer Sichtweise fest.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



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  • Hallo zusammen,


    44 Alsenzer zogen lt. Gemeindechronik in den deutsch-französischen Krieg 1870/71 und 44 kehrten wieder zurück. Wer aber von dort aus im Dezember 1870, als die deutschen Truppen schon mitten in der Belagerung von Paris standen, auf die Idee gekommen ist, unberechtigterweise einen als Feldpost declarierten Brief zur Bäckermeistersgattin Friederich nach Würzburg zu schicken, tja: Das wird für uns wohl immer ein Rätsel bleiben. Immerhin, endlich einmal einen Beleg mit Jahreszahl aus der Zeit erwischt 8o


    Schönen Gruß !


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,


    den hätte ich auch genommen ... Zuerst mit 3x Porto belegt, weil man die Marke sparen wollte, dann aber nachträglich frankiert über dem Taxvermerk und anstandslos zugestellt.


    Schönes Stück - wiedermal ein Beweis der pfälzischen Schläue! :thumbup:


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Hallo in die Runde,


    Pälzer Du spielst aber auch überall mit Rosinen aus der Pfalz mit.... :P:P


    Bei Bayern weiß ich, dass ab dem 19.7.1870 (Kriegserklärung) keine Post mehr den regulären Weg nach Frankreich nahm und über die Schweiz ausgetauscht werden musste.


    An den lieben BK eine Frage, der Brief aus Russland hat aber doch nicht über Bayern transistiert, oder?


    Liebe Grüsse
    BS


    PS: Falls doch reden wir per PN weiter... 8o

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber Bayern Social,


    die Post aus Russland wurde, wenn sie nicht Österreich übergeben wurde, an Preußen bzw. das Nachfolgestaatsgebilde, den Norddeutschen Bund ausgeliefert. Da gab man die Post über das neutrale Belgien (der Schweiz des Nordens) an Frankreich.


    Eine Besonderheit sind Briefe in die Pfalz, die auch über Belgien laufen konnten! Leider nur 2 bekannt und an einem bin ich seit 10 Jahren dran. :S


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Liebe Freunde,


    Homer ist, wenn man trotzdem lacht, sagte einst der unvergessene Heinz Erhard und so muss man wohl einen Teil des Textes auch interpretieren, wenn man diese Correspondenz - Karte des Norddeutschen Postgebietes sieht, die am 2.11.1870 bei Chateau Thierry geschrieben wurde. Den Text möchte ich euch nicht vorenthalten:


    "Mein lieber Freund! Deine beiden Wörterbücher habe ich erhalten, und meinen herzlichen Dank dafür. Mit dem Französisch lernen geht es nicht so schnell, da wir nur mit Deutschen, und hie und da beim Essen allein auf französische Conversation beschränkt sind. Neulich passierte Einem von uns etwas Gelungenes; derselbe (ein Student) wollte ein Bad nehmen, und ging deßhalb in ein Haus in dem man warme Bäder nehmen konnte. Eine junge, hübsche Frau empfängt ihn. Doch bald stockt die Unterhaltung. Er weiß nciht was Bad heißt, - doch plötzlich kommt ihm ein zündender Gedanke; lavare heißt im Lateinische "waschen" und er poltert heraus:" Donnez mo un lavement". Erst nachdem er von und die wahre Bedeutung von lavement erfuhr, konnte er sich das plötzliche Erröten u. Verlegen werden der jungen Frau deuten.
    Grüße, dein Theodor"


    Weil unser guter Pälzer schon lange auf solch ein Stück spannt, werde ich sie ihm überlassen, so dass Anfragen nach dem Kärtchen zwecklos sind. ^^


    Liebe Grüsse von bayern klassisch