Probleme im Juni 1850

  • Liebe Freunde,


    es gibt Briefe, von denen man nur träumen kann, sei es, weil sie in finanziellen Höhen angesiedelt sind, die nicht recht erklommen werden wollen, sei es, weil das Material, welches es gegeben haben könnte, ultra rar ist und man Jahre oder Jahrzehnte warten muss, bis solch ein Stück überhaupt einmal auftaucht (und man seiner erst einmal gewärtig werden muss).


    In einer österreichischen Festpreisliste (!) fand ich zufällig diesen Brief, der mir den Atem stocken ließ.


    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMG0001262f2746jpg.jpg]


    Aufgegeben wurde er mit einer 9 Kr. CM Marke frankiert im ungarischen Eszerhaza am 24.6.1850. Gerichtet war er an eine Dame in München. Der Absender hatte unten links "frey" notiert und dachte, dass er alles richtig gemacht hätte.


    Das sah die Aufgabepost aber etwas anders ...


    Österreich emittierte am 1.6.1850 erstmalig Frankomarken für den inneren Gebrauch mit der Nominale von 9 Kr. für die weiteste Entfernung im k. & k. Staatsgebilde. Eine Frankatur ins Ausland, hier Bayern, war noch nicht vorgesehen. Auch der im April 1850 bereits beschlossene Postvereinsvertrag, in dem ja auf Drängen Österreichs und Preußens mit 9 Kr. CM für die größte Entfernungsstufe das Franko vorgegeben war, griff noch nicht, denn dessen Einführungsdatum sollte genau eine Woche später sein.


    Die Marke war also nicht frankaturgültig. Tatsächlich war der Brief zu behandeln, wie der ihm zugrunde liegende Postvertrag, nämlich jenem vom 1.10.1842. Mit diesem konnte zwar frankiert werden, aber stets bar und unter Notation des Gesamtbetrages auf der Siegelseite. Dies war hier nicht geschehen.


    Die Aufgabepost entwertete zwar die Marke, strich sie aber dann wieder ebenso wie den falschen "frey" - Vermerk und taxiert ihn mit 15 Kr. rheinisch als einfachen, bis 1/2 Loth schweren Brief über 20 Meilen. Als Zeichen, nach welchem Vertrag hier abzurechnen war, stempelte man ihn mit O.B.C. für Oesterreichisch - Bayerische - Correspondenz.


    Bei der Abgabe in München wurden diese 15 Kr. rh. kassiert und hälftig geteilt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber Bayern Klassisch,


    Schönes Stück! Ich möchte eine kleine Ergänzung noch beifügen.


    Die Abstempelung ist nicht "Eszerhaza", sondern "ESZTERGOM". Früher war als GRAN genannt.


    Diese Korrespondenz war schon für mich vor 1850 auch bekannt. Ich füge 2 Belege bei.


    Das erste Beleg stammt aus dem jahre 1847 und wurde hier noch das Stempel GRAN und FRANCO verwendet. Später kommen die "rebellisch" Ungarn :) und die alle Stempel probierten auf ungarisch machen, so kommt aus GRAN ungarisch ESZTERGOM und aus FRANCO kommt BÉRMENTES.


    Das zweite Beleg stammt aus dem Jahre 1850 vor-vorletzte Tag vor der Einführung der Briefmarke. Alle beide Brief wurde richtig frankiert: 12 kr CM bezahlt vom Aufgeber bis München.


    Viele Grüsse aus


    Ungarn

  • Lieber Ungarn,


    vielen Dank für die Aufklärung meines Briefes - ich habe die Ortsangabe des österreichischen Auktionshauses übernommen, weil ich mir nicht sicher war. Besser ist es jetzt so. :)


    Deine beiden Briefe sind auch sehr schön - eine tolle Seite und am Tag der ersten Marken Österreichs hat man den 2. Brief in München ausgetragen.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.




  • Lieber bayern klassisch,



    gratuliere dir ganz herzlich zu diesem Schnäppchen. Der Katalog ist bei mir ein paar Tage herumgelegen, bis ich diesen Brief entdeckte und sofort anrief - da war er schon in deinen guten Händen! Naja, wie ist das mit dem frühen Vogel und dem Wurm? Und irgendwie passt er ja sicher auch in deine Sammlung, obwohl er eigentlich in meine gehört ;)


    Liebe Grüße
    Ö-Transit

  • Hallo Bayern Klassisch, hallo Ö-Transit,


    auch von mir Glückwunsch, zu dem tollen Stück Ö-Bay. Postgeschichte :):)


    Nun möchte der geneigte Leser aber doch auch erfahren, in welcher Festpreisliste
    solche Rosinen angeboten werden....


    Liebe Grüsse
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social




    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber bayern klassisch,


    noch eine kleine Ergänzung: Interessant ist auch die Adresse: Crescentia Moralt, Historienmalersgattin. Sie war die Tochter des Münchner Bierwirts Johann Bichler und Frau des bayrischen Malers Ludwig Moralt, der den Dom zu Gran/Esztergom ausgemalt hat. Der Brief wird also von ihm an seine Frau geschrieben worden sein, als er gerade mit den Arbeiten im Dom beschäftigt war. Gibt es einen Inhalt?


    Die Quelle meines Wissens ist übrigens: http://www.hjwr.de


    Liebe Grüße
    Ö-Transit

  • Lieber Ö-Transit,


    ich glaube es gibt es und ich werde ihn hier heute noch einstellen. Einstweilen vielen Dank für die interessanten Informationen rund um Absender / Empfänger, hier auch Social Philately (kurz: Sophy) genannt.


    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph



    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.